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Klimawandel
In Ludwigsburg wird es immer heißer

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350_0900_33629_AdobeStock_355005268.jpg Foto: John Smith - stock.adobe.com
Der Klimawandel und immer mehr Bauwerke sorgen dafür, dass es in der Stadt immer heißer wird. Erstmals hat Ludwigsburg jetzt detaillierte Karten der Wärmebelastung erstellen lassen. Die verheißen für die Zukunft nichts Gutes.

Ein Klima wie in Südeuropa, Temperaturen von 40 Grad und mehr direkt über dem Boden und viel zu wenig Schatten – das sind die Aussichten für Ludwigsburg. Das alles passiert nicht vielleicht und auch nicht erst in 100 Jahren. Das alles ist ein Blick in die nahe Zukunft.

Im vom Bund getragenen Forschungsprojekt Zures (Zukunftsorientierte Vulnerabilitäts- und Risikoanalyse) hat die Stadt jetzt metergenaue Karten mit der Wärmebelastung in Ludwigsburg erstellen lassen. Sie zeigen zum einen, wie stark die Stadt schon heute unter der Hitze leidet. Gleichzeitig wurden Karten mit unterschiedlichen Zukunftszenarien für das Jahr 2035 berechnet. Das eine Szenario (Grafik unten) geht von einem schwachen Klimawandel und einer Erwärmung von 0,74 Grad aus. Das andere sogar von einer Erwärmung von 2,17 Grad. „Wir wissen nicht im Detail, wie sich das Klima entwickelt, aber es ist sehr wahrscheinlich, das es zwischen diesen beiden Leitlinien liegt“, so Janko Löbig von der Firma Geo-Net, die das Gutachten im Auftrag der Stadt erstellt hat.

Über 40 Grad auf den Feldern

Die Berechnungen zeigen zudem bereits für die Gegenwart eine enorme Wärmebelastung. Ermittelt wurden die Temperaturen einen Meter über dem Boden an einem Junitag (22,1 Grad). Überall dort, wo keine Bäume stehen, heizt sich die Luft schnell auf über 30 Grad auf und die Stadt verwandelt sich in einen Glutofen. Angenehm bleibt es nur im Favoritepark, im Salonwald und entlang der Ludwigsburger Alleen. Denn nur dort gibt es Schatten. „Die Bäume sind entscheidend“, erklärte Janko Löbig bei der Präsentation seiner Ergebnisse im Bauausschuss.

Dies erklärt auch, warum sich die Luft über Grünflächen und Feldern stark aufheizt. Dort fehlt es an Schatten. Nachts seien Parks und Wiesen dann aber sehr wichtig für die Temperatur in der Stadt. Denn sie kühlen schneller ab als bebaute Flächen und sorgen dadurch für Kaltluft.

Die Prognose für 2035 zeigt, dass viele schattenlose Flächen sich an einem sonnigen Junitag dann auf weit über 40 Grad aufheizen werden. Neben landwirtschaftlichen Flächen sind davon in der Innenstadt der Marktplatz, der Schlosshof oder das Blühende Barock betroffen.

Die Lebensqualität soll nicht sinken

„Diese Vorlage muss für uns ein letzter Weckruf sein. Egal, was wir tun, dieses Szenario wird sich so entwickeln“, lautet die bittere Erkenntnis von Ulrich Bauer (Grüne). Die Stadt brauche ein Sofortprogramm, um Flächen zu entsiegeln, und müsse jeden Neubau überdenken. Zudem müssten mehr Bäume gepflanzt werden – zum Beispiel eine zweite Baumreihe in der Wilhelmstraße. Außerdem schlägt Bauer mehr grüne Fassaden vor.

CDU-Stadtrat Maik Braumann ist wichtig, dass die Verwaltung die Bürger mit Ehrlichkeit und Transparenz auf dem Weg, der nun folgt, mitnimmt. Denn ab sofort müsse man jeden Neubau genau abwägen. In diesem Zusammenhang kritisierte Braumann mehrere Bauprojekte der jüngeren Vergangenheit – etwa die neue Kita auf der Schulwiese der Schlösslesfeldschule.

Andreas Rothacker (Freie Wähler) zieht aus der Klimaanalyse vor allem einen Schluss: „Wir müssen höher bauen. Nur so können wir einer zusätzlichen Flächenversiegelung entgegenwirken.“ Zudem müssten die Außenbereiche der Stadt vor weiterer Bebauung geschützt werden. Die Ludwigsburger Innenstadt könne man dagegen kaum noch weiter begrünen. „Ludwigsburg ist schon sehr grün.“

Margit Liepins von der SPD fragt sich vor allem: „Was können wir machen?“ Sie fordert konkrete Vorschläge, wie die Stadt, zum Beispiel über die Bauleitplanung, mehr für das städtische Klima tun kann. Sebastian Haag (FDP) stellen sich ebenfalls viele Fragen. „Müssen wir weitere Neubaugebiete jetzt liegen lassen?“ Oder: „Wie könnten wir die versiegelte Fläche verringern?“

Und dann kam noch der Auftritt von Elga Burkhardt. Die 83-jährige Stadträtin der Bürgergruppe Lubu, die seit vier Jahrzehnten im Gemeinderat sitzt und nach wochenlanger Abwesenheit zum ersten Mal wieder an einer Sitzung teilnehmen konnte, erlebte ein kleines Wunder. Seit 40 Jahren kämpft Burkhardt um jeden Baum und wurde dafür im Gemeinderat oft belächelt. Ganz anders die Situation am Donnerstag. Selbst als Online-Sitzungsteilnehmer konnte man den Respekt spüren, der Burkhardt entgegengebracht wurde. Sie nutzte die Aufmerksamkeit, um ihren Standpunkt wieder einmal darzulegen. „Ludwigsburg hat den Klimawandel lange nicht ernst genommen. Die Stadt ist zu sehr in alten Denkmustern verhaftet. Das muss sich ändern. Wir brauchen nicht ständig neue Untersuchungen. Wir wissen, was zu tun ist.“

Laut Bürgermeisterin Andrea Schwarz sollen jetzt Instrumente herausgefiltert werden, die am meisten Effekt gegen die Hitze versprechen. Was den Wohnungsbau anbelangt, sei die Stadt in einer ständigen Abwägung. Auf der einen Seite müsse die hohe Nachfrage nach Wohnraum bedient werden. Auf der anderen Seite müsse über die Verträglichkeit von Neubauten – auch für das Klima in der Stadt – nachgedacht werden. Ziel sei es, so die Verwaltung, „die Bevölkerung vor Hitzestress zu schützen und trotz Hitze eine hohe Lebensqualität in der Stadt zu bieten“.

Elga Burkhardt. Foto: H. Wolschendorf

„Die Stadt ist zu sehr in alten Denkmustern verhaftet.“

Elga Burkhardt
Lubu-Stadträtin