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Luftfilter
Initiative für Luftfilter: Elternwünsche nur teilweise erfüllt

Eva Knütter, Dr. Jens Heiling, Dr. Amalinda Post, Dr. Christian Kerstan, Dr. Scarlett Schneider und Dr. Tobias Kirchner (von links) übergaben vor der Gemeinderatssitzung 1286 Unterschriften an Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht. Foto: Holm Wolsche
Eva Knütter, Dr. Jens Heiling, Dr. Amalinda Post, Dr. Christian Kerstan, Dr. Scarlett Schneider und Dr. Tobias Kirchner (von links) übergaben vor der Gemeinderatssitzung 1286 Unterschriften an Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht. Foto: Holm Wolschendorf
Ein Strauß bunter Luftballons, viele Argumente und eine lange Unterschriftenliste ließen die Elterninitiative „Jedes Kind zählt“ voller Hoffnung in die Gemeinderatssitzung am Mittwochabend starten. Doch das Ergebnis des langen, zähen Ringens sorgte nicht nur auf den Zuschauerplätzen Stunden später für enttäuschte Gesichter.

Für Kinder unter zwölf Jahren gibt es bisher kein Impfangebot. Deswegen wünscht sich die Ludwigsburger Elterninitiative „Jedes Kind zählt“, dass Klassenzimmer mit Luftfiltern ausgestattet werden können – entweder durch das finanzielle Engagement von Eltern oder mit Geld aus dem städtischen Haushalt. Mit den Luftfiltern sollen die bekannten Maßnahmen Lüften, Händewaschen, Abstandhalten und Masken ergänzt werden.

Im Gemeinderat erhielten die Eltern mit ihrem Anliegen Rückenwind von CDU, SPD und FDP, die bereit waren, bis zu 500000 Euro aus dem städtischen Haushalt für die Luftfilter zur Verfügung zu stellen. CDU-Stadtrat Klaus Herrmann lobte den Kompromiss: „Wir müssen den Eltern zeigen, dass die Stadt ihre Sorgen ernst nimmt.“ Die Kosten von einer halben Million Euro ließen sich seiner Meinung nach über eingeplante, aber in diesem Jahr nicht genutzte Bauausgaben decken. „Es sollte heute mehr herauskommen als große Reden und Appelle ans Impfen“, hoffte SPD-Fraktionschefin Margit Liepins noch zu Beginn der Beratung. „Es fehlt uns die nachvollziehbare Erklärung, warum Luftfilter in Läden, Restaurants und dem Staatsministerium aufgestellt werden, nur in Schulen nicht“, wunderte sie sich. FDP-Stadträtin Stefanie Knecht forderte: „Es ist an der Zeit, dass Ludwigsburg den nächsten Schritt geht.“ Doch würde dieses Dreierbündnis für einen nächsten Schritt ausreichen?

Im Bundestagswahlkampf hatten Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock noch Luftfilter für jeden Klassenraum gefordert. Offenbar eine Haltung, die die Grünen in Ludwigsburg nicht teilen. „Impflücken tragen maßgeblich zur Gefährdung der Kinder unter zwölf Jahren bei“, führte Grünen-Stadtrat Dr. Michael Vierling aus. „Eine Beschaffung von Luftfiltern im großen Stil lenkt von diesem wahren Problem ab, lässt die Impfbereitschaft weiter erlahmen und sorgt dafür, dass die Ansteckungsrisiken bleiben.“ Vierling wünscht sich hingegen „wirksamere Impfkampagnen“ auch von der Stadtverwaltung und den Schulen und brachte als Beispiel „Impfen in der Schule, auch für Schülereltern“. Den Antrag von CDU, SPD und FDP, 500000 Euro für Luftfilter zu bewilligen, nannte er „unausgegoren“. Die Grünen rechnen außerdem mit der Zulassung des Impfstoffes für Kinder unter zwölf ab Anfang des Jahres 2022, dann seien die meisten Filter ohnehin überflüssig. Dieser Ansicht ist auch OB Dr. Matthias Knecht.

Reinhardt Weiss, Fraktionschef der Freien Wähler, behielt vor allem die Kosten im Blick: „Die Frage der Verhältnismäßigkeit stellt sich nicht nur aus medizinischer Sicht, sondern auch aufgrund der hohen finanziellen Belastung.“ Seiner Meinung nach sind die Filter „keine Wunderheilmittel“. Die Freien Wähler wollen das Geld lieber für „Bildungsmaßnahmen und Digitalisierung in den Schulen verwenden“.

Nadja Schmidt (Die Linke) sprach von einer Grundsatzfrage: „Wenn wir zum Schluss kommen, dass Luftfilter effektiv sind, dann müssen wir sie für alle anschaffen.“ Zu diesem Schluss kamen die beiden Linken-Vertreter im Laufe der Diskussion offenbar nicht – genauso wenig wie Grüne und Freie Wähler.

Für den Antrag von CDU, SPD und FDP gab es keine Mehrheit, folglich auch keine 500000 Euro für Schulen, bei denen die Fördervereine nicht genug Geld zusammenbekommen. Die FDP nannte dies eine „herbe Enttäuschung“ und kritisierte „die Hinhaltetaktik und das monatelange Mauern der Stadtverwaltung“.

Trostpflaster: Fördervereine dürfen nun doch Luftfilter anschaffen und aufstellen. „Bisher hieß es: Wir akzeptieren eine Spende nicht“, berichtete die Erste Bürgermeisterin Renate Schmetz die Praxis im Rathaus. Allerdings behält sich die Stadt vor, die Auswahl der Geräte und den Ort, wo sie aufgestellt werden, zu bestimmen. Das ist für Dr. Amalinda Post von der Elterninitiative genau der Knackpunkt. Anders als andere Kommunen habe Ludwigsburg sich bei den wenigen bereits bestellten Geräten für einen besonders hohen Standard entschieden, denen auch ein großer Schwall Wasser nichts anhaben kann (siehe Infobox). Dieser Standard kostet Geld. Die Elterninitiative rechnet dann mit 4000 bis 7000 Euro statt 1000 Euro pro Klassenzimmer. Post hofft, dass die Stadt auch günstigere Geräte zulässt. Denn dass es billiger geht, davon ist die Elterninitiative nach ihren Recherchen bei Herstellern und anderen Kommunen überzeugt. „Rechenbeispiele der Verwaltung wurden gezielt so gewählt, dass die Kosten für Anschaffung und Betrieb von Luftfiltern deutlich aufgebläht wurden“, kritisiert Post. „Statt die Hersteller nach Filterkosten zu fragen, nahm die Verwaltung einfach 15 Prozent der Anschaffungskosten als Wartungskosten an.“

Übrigens: An der Gottlieb-Daimler-Realschule währte die Freude über die zwei jüngst gewonnenen Luftreiniger nur kurz. Sie wurden nach der Berichterstattung unserer Zeitung auf Bitte der Stadt bereits wieder abgebaut und sollen laut Schulleiter Hartmut Meier nun von der Stadt geprüft werden. Meier ist aber optimistisch, dass sie dieser Prüfung standhalten.