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Ernährung
Ludwigsburg: Kita-Eltern kritisieren Tiefkühl-Mittagessen

„Wir sitzen beisammen, der Tisch ist gedeckt. Wir wünschen einander, dass es gut schmeckt: Guten Appetit!“ Mittagessen gehört mit dem Ausbau der Betreuungszeiten inzwischen meist zum Angebot der Kita dazu. Doch nicht immer gefällt den Eltern, was auf
„Wir sitzen beisammen, der Tisch ist gedeckt. Wir wünschen einander, dass es gut schmeckt: Guten Appetit!“ Mittagessen gehört mit dem Ausbau der Betreuungszeiten inzwischen meist zum Angebot der Kita dazu. Doch nicht immer gefällt den Eltern, was auf den Tellern der Kleinsten landet. Das Essen soll nicht nur satt machen, sondern ausgewogen, hochwertig und frisch sein. Foto: Waltraud Grubitzsch/dpa
„So geht junge Küche heute!“, wirbt Apetito auf seiner Internetseite und präsentiert dazu Fotos von schmackhaft aussehendem Essen. Doch den Eltern in fünf Ludwigsburger Kitas in städtischer Trägerschaft schmeckt das gar nicht. Sie haben eine lange Liste von Kritikpunkten – und sich damit im Rathaus Gehör verschafft.

„Uns liegt ein gesundes Mittagessen am Herzen, weil uns die Gesundheit unserer Kinder am Herzen liegt“, schreibt Julia Lang im Namen des Elternbeirats der Kindervilla Minimax in Hoheneck. Ganz oben auf der Liste der Verbesserungswünsche steht „weniger Zucker“, vor allem in Tomatensoße, Milchreis, Sauerkirschsoße. „Der kindliche Geschmack soll nicht weiterhin auf süß programmiert werden, sondern auf den eigentlichen Geschmack der einzelnen Gerichte“, so Lang. Der Zucker, der auch in Gurken- und Karottensalat enthalten sei und bei eingelegtem Obstnachtisch, stört auch Lucie Kilian, deren Tochter den Kindergarten Talstraße besucht. Sie würde sich außerdem mehr Vollkornprodukte wünschen.

„Das Thema Mittagessen ist ein Dauerbrenner – in Schulen und Kitas“, sagt Thomas Albrecht (Fachbereich Bildung und Familie). „Die Bandbreite der Elternwünsche ist groß.“ Albrecht hat es mit Rohköstlern, Frutariern und leidenschaftlichen Fleischfans zu tun. Egal ob der Essensanbieter nun Apetito, Better Taste, Karlshöhe oder städtische Kantine heiße, Kritiker gebe es immer wieder. Das sei wenig überraschend, denn bei der Gemeinschaftsverpflegung muss die ganze Breite der Gesellschaft mit ihren unterschiedlichen Geschmäckern und Vorlieben bedient werden, so Albrecht.

Aktuell beschäftigt die Essenslieferung durch Apetito eine Reihe von ernährungsbewußten Eltern aus fünf Kindertageseinrichtungen. In der Villa Kinderbunt, Kindervilla Minimax, Kita Vaihinger Straße, Kita Atlantis sowie im Kindergarten Talstraße wurde im Mai 2020 der Essensanbieter hin zu Apetito gewechselt. „Wir schreiben immer nach vier Jahren neu aus“, so Albrecht. Entscheidend bei der europaweiten Ausschreibung seien zu einem großen Teil der Preis, im Weiteren die Dienstleistungsqualität und ein Probeessen. Im Fall der fünf städtischen Kitas war ein Probeessen für Januar terminiert, musste wegen der Coronapandemie immer wieder verschoben werden. Schließlich verzichtete man ganz darauf. Ein Fehler? Ganz sicher, findet jedenfalls Anja Niemyt. Ihre vierjährige Tochter besucht die Villa Kinderbunt in der Weststadt. Sie habe Veränderungen an ihrem Kind festgestellt und von anderen Eltern ähnliche Rückmeldungen erhalten. Niemyt nennt im Gespräch mit unserer Zeitung Bauchweh, Unausgeglichenheit und beim Abholen noch hungrige Kinder – und das über verschiedene Altersgruppen hinweg. Steht das im Zusammenhang mit dem Wechsel des Essenlieferanten?

Apetito, ein deutscher Hersteller von Tiefkühlmenüs und anderen Verpflegungskonzepten mit Firmensitz im nordrhein-westfälischen Rheine, ist einer der ganz Großen im Catering-Geschäft. Die Apetito-Gruppe verzeichnete zuletzt Jahresumsätze über eine Milliarde Euro und verweist auf die mehr als 45 Jahre Erfahrung in der Mittagsverpflegung von Kindern.

„Wir orientieren uns hier an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und hierbei insbesondere an den Anforderungen des Qualitätsstandards für die Verpflegung in Kitas“, so Klaus Ludmann, Geschäftsführer der apetito kids & schools GmbH auf Anfrage unserer Zeitung. „Gekocht werden die tiefkühlfrischen Menüs im westfälischen Rheine bis zu einem bestimmten, hygienisch sicheren Garpunkt. Ausgehend von fast 30 Service-Centern deutschlandweit bringen unsere Fahrer gemäß einer optimierten Tourenplanung die Menüs zu unseren Kunden, wo sie schließlich zu Ende gegart werden“, beschreibt Ludmann das Verfahren und verspricht: „Im Kälteschlaf sind Vitamine und Nährstoffe optimal geschützt.“

Lucie Kilian stört sich daran, dass ihre Tochter und ihre Spielkameraden nun täglich Tiefkühlkost serviert bekommen. Und damit ist sie nicht allein.

„Ludwigsburg ist klimaaktive Kommune, bundesweit ausgezeichnet für nachhaltige Beschaffung, und wählt einen nicht regionalen Caterer aus dem 500 Kilometer entfernten Rheine, der verschiedene Mittagessen dort produziert, vorgekocht tiefkühlt und tiefgekühlt 500 Kilometer transportiert, damit es in den Einrichtungen wieder aufgewärmt wird“, rechnet Anja Niemyt vor und kann diesem Konzept wenig abgewinnen. „Das hat für mich eindeutig ein Geschmäckle“, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Auch die Einwegverpackungen passen aus Sicht der Eltern nicht zu einer Stadt, die sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreibt. „Wir als Stadt würden uns wünschen, dass ein Caterer in Edelstahlbehältern liefert“, räumt Albrecht ein. Apetito liefere zumindest in Kartonhüllen, die ausgewischt über die Altpapiertonne entsorgt werden können. Ein Mitbewerber habe Essen in Einweg-Aluschalen liefern wollen. „Das ist für uns unvorstellbar“, so Albrecht.

An der Mittagessensversorgung durch Apetito will die Stadt auch nach Elternkritik nichts ändern. Apetito verweist auf das Qualitätsverständnis des Unternehmens, zu dem gesunde Ernährung dazugehöre. „Unsere Köche verwenden nur hochwertige Raps- und Olivenöle, achten auf den Fettgehalt und nutzen Zucker in vielen Speisen – wie man es aus guten Küchen kennt – als Prise zur Geschmacksabrundung“, erklärt Ludmann.

Die Stadt zeigt aber Entgegenkommen. So sollen die Kitas Kisten mit regionalem Obst bekommen, als Alternative zu gesüßtem Nachtisch.

„Der kindliche Geschmack soll nicht weiterhin auf süß programmiert werden, sondern auf den eigentlichen Geschmack der einzelnen Gerichte.“

Julia Lang
Elternvertreterin

„Das Thema Mittagessen ist ein Dauerbrenner – in Schulen und Kitas.“

Thomas Albrecht
Fachbereich Bildung und Familie