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Führerschein weg, fast 2000 Euro Strafe
Mit 170 Sachen bei Ludwigsburg über die Autobahn-Standspur gerast

Mit 170 km/h ist ein Mann im vergangenen Jahr über den Standstreifen der A 81 gebrettert. Archivfoto: dpa
Mit 170 km/h ist ein Mann im vergangenen Jahr über den Standstreifen der A 81 gebrettert. Foto: dpa
Ein 45-jähriger Transporterfahrer muss 1800 Euro Geldstrafe bezahlen, weil er mit 170 Sachen über den Standstreifen der Autobahn gebrettert ist. Außerdem muss er seinen Führerschein acht Monate abgeben. Angeblich war er im Auftrag der Stadtwerke unterwegs.

Ludwigsburg. „Ich will vorwärtskommen, und zwar schnell“ – das war aus der Sicht des Ludwigsburger Amtsgerichts das Motiv eines Autofahrers, der – damals für die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim unterwegs – auf dem Standstreifen der Autobahn an allen anderen vorbeigeprescht ist. Die Polizei führte vor Gericht an, sie habe den Mann selbst mit 170 km/h kaum einholen können.

„Das war brandgefährlich und hätte ganz anders ausgehen können“, begründete die Richterin die Verurteilung des 45-Jährigen. Insgesamt muss er eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu jeweils 30 Euro bezahlen. Außerdem verliert er für acht Monate seinen Führerschein.

Polizei hat alles gefilmt

So ein schlagendes Beweismittel wie ein Video aus der Dashcam im Polizeifahrzeug habe sie nur selten zur Verfügung, meinte die Richterin. Die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer und auch die des eigenen Lebens sei genau das, warum der Gesetzgeber ein solches Verhalten im Straßenverkehr als verbotenes Autorennen bestrafe. Mit so einem Fahrverhalten, so Richterin Bollacher weiter, dürfe man eigentlich keinen Führerschein besitzen.

Es war erst 6.47 Uhr am Morgen des 22.Februars 2022, als der Fahrer eines Transporters auf der dreispurigen A81 zwischen Leonberg und Gerlingen vom mittleren Fahrstreifen nach rechts auf den Seitenstreifen hinüber zog, um dort mit rasender Geschwindigkeit andere Fahrzeuge zu überholen. „Grob verkehrswidrig, rücksichtslos, und das alleine des schnelleren Fortkommens wegen“, sagte die Stuttgarter Staatsanwaltschaft dazu. „Ich habe damals im Auftrag der Ludwigsburger Stadtwerke gearbeitet“, versuchte der Beschuldigte vor Gericht wenigstens einige Pluspunkte zu holen, die er jedoch dafür nicht bekam. Auch das Argument des Angeschuldigten, die Standspur sei wegen des hohen Verkehrsaufkommens an jenem Morgen freigegeben gewesen, bestätigte sich bei der Beweisaufnahme nicht.

Der Fahrer hält zunächst nicht an

Ein Polizeioberkommissar aus Stuttgart war mit seiner Kollegin nach der Überprüfung des Ausgangs des Engelbergtunnels gerade auf dem Parkplatz Gerlinger Höhe, als ihm der schnelle Klein-Lkw rechts außen im zähflüssigen Berufsverkehr auffiel. Obgleich die Polizeibeamten das Blaulicht ihres stark motorisierten und mit einer Dashcam ausgestatteten Dienstfahrzeuges einschalteten, hielt der Fahrer des Transporters zunächst nicht an. „170 Stundenkilometer sind wir gefahren, aber wir konnten nicht aufholen“, schilderte der Polizist im Zeugenstand das „Autorennen“ auf dem Seitenstreifen.

Das Gericht führte das Video aus der Dashcam in die Beweisaufnahme ein, auf der es die gefahrene Geschwindigkeit des Polizeifahrzeugs verzeichnet sah. „Die 170 Stundenkilometer werden wir wahrscheinlich nicht nachweisen können.“ Aber 165 könne man erkennen. Im Übrigen tue das in diesem Fall auch nichts zur Sache, denn der Seitenstreifen hätte zur Tatzeit überhaupt nicht befahren werden dürfen.

Sein Mandant brauche aber den Führerschein, wenn er weiterhin seine Arbeit an erdbedeckten Gasleitungen verrichten wolle, versuchte der Verteidiger eine Entziehung des Führerscheins zu verhindern. Außerdem sei dessen Kleintransporter in den Papieren auf 153 km/h begrenzt. Dass er andere Fahrzeuge verbotenerweise rechts überholt hat, habe der Mann ja bereits eingeräumt. „Die Absicht, Höchstgeschwindigkeit zu erzielen, kann ich nicht erkennen“, meinte der Rechtsanwalt. „Ich schon“, sagte die Richterin. Dazu brauche sie auch kein Sachverständigengutachten.

Auf die Lautsprecherdurchsage der mittlerweile vor ihm befindlichen Polizei hin, er solle bitte anhalten, ergab sich nach der Zeugenaussage des verfolgenden Beamten „ein ganz normales, zivilisiertes Gespräch“ mit dem Fahrer des Transporters. Der Gestoppte habe jedoch ohne Anwalt nichts sagen wollen außer der Spontanäußerung, er habe gedacht, der Seitenstreifen der Autobahn sei laut Anzeigentafel freigegeben gewesen.

Standspur nie zum Überholen gedacht

Das, so der Polizist, hätte er von Anfang an nicht geglaubt, sonst hätten auch andere Verkehrsteilnehmer den Streifen benutzt. „Ich bin zwar nicht das Straßenbauamt“, führte der Polizeibeamte aus, in seinen zwei Jahren Arbeit in diesem Bereich der A81 sei diese Standspur niemals zum Überholen freigegeben gewesen. Dafür sei diese Spur auch viel zu schmal.