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Schnelltests an Schulen: Harsche Kritik am „Corona-Chaos“

Bild: dpa
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Ohne Schnelltests keine Schulöffnung, so hat es das Land vorgegeben. Während Ludwigsburg sich notgedrungen mit eigenen Tests vorbereitet hat, leiden andere Kommunen darunter, dass das Land zu wenige ausgeliefert hat und können gar keine zusätzlichen Schüler zurückholen.

Ludwigsburg. Viele für Montag geplante Schulöffnungen stehen auf der Kippe – nicht der Corona-Inzidenz wegen, von der erwartet wird, dass sie bald über 200 steigt. Deutliche Kritik gibt es landesweit am Vorgehen des Landes, das viel zu wenige Schnelltests ausgeliefert hat. So können Schulen teils nicht öffnen, weil sie die indirekte Testpflicht (jeder Schüler zweimal die Woche) mangels Material nicht erfüllen können. Ludwigsburg geht da einen – erfolgreichen – Sonderweg: Die Feuerwehr lieferte von der Stadt besorgte Schnelltests samt Zubehör an die Schulen und übernahm die Schulung von Lehrern, die die Schülerinnen und Schüler bei den Schnelltests beaufsichtigen.

Das Land setzt beim Neustart für viele Schülerinnen und Schüler vor allem auf die Testpflicht, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Die Pflicht gilt von Montag an unabhängig von der Corona-Belastung einer Region und nicht erst ab der Schwelle von 100 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche. Die Verknüpfung von Schnelltests und Schulöffnung ist bindend. Ein Sprecher des Kultusministeriums sagte laut Medienberichten am Donnerstag: „Ohne entsprechende Testungen ist keine Schulöffnung möglich.“

Auslieferung von Tests zu langsam

In vielen Fällen ist dies jedoch blanke Theorie: Denn das Land ist schlecht vorbereitet. „Die Auslieferung der Testkits hat sich aufgrund der bundesweit starken Nachfrage und dadurch bedingter gewisser Lieferschwierigkeiten bei den Herstellern leider verzögert“, erklärte eine Sprecherin des Sozialministeriums. Sie gehe aber davon aus, dass bis diesen Freitag etwa 4,4 Millionen Tests ausgeliefert sein würden. „Somit werden nach aktuellem Stand ab Montag die Schulen, falls eine Öffnung erfolgt, mit Tests ausgestattet sein.“ Sie ergänzte: „Insofern sollte dem Einstieg in den Präsenz- beziehungsweise Wechselunterricht nächste Woche nichts im Wege stehen.“

Aber: Zahlreiche Gemeinden hätten zurückgemeldet, dass ihnen noch Tests fehlten, sagte eine Sprecherin des Gemeindetags. Man hoffe jetzt, dass die Lieferungen noch bis Freitag kämen. In anderen Kommunen wie beispielsweise in Bietigheim-Bissingen indes geht man davon aus, dass es bis Montag keinesfalls reicht. Nach LKZ-Informationen haben Schulen dort den ehrgeizigen Plan aufgegeben, weil sie es schlicht nicht können. Schon die freiwilligen Tests dieser Woche waren nur mithilfe eines Testkontingents der Stadt möglich. Ohne weitere Tests ziehen die Schulen nun die Reißleine: Nur die Schüler in der Notbetreuung und die Abschlussklassen können mit den noch vorhandenen Testkits versorgt werden. Der Rest muss weiter von zu Hause am Computer lernen.

Die Landeschefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Monika Stein, schimpfte, offenbar gehe das „Corona-Chaos der Landesregierung beim Thema Bildung“ weiter. „Wir erwarten verlässliche Garantien, dass die Lieferungen ankommen, die Teststrategie funktioniert und klare Vereinbarungen zur Unterstützung der überlasteten Kitas und Schulen.“ Auch der Lehrerverband VBE erklärte: „Wir haben Rückmeldungen, dass noch längst nicht alle Schulen ausreichend mit Testkits versorgt sind.“ Dagegen teilte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) in Stuttgart am Donnerstag unverdrossen mit: „Alle Jahrgangsstufen aller Schularten können ab der kommenden Woche vorrangig in den Wechselbetrieb oder auch Präsenzbetrieb zurückkehren.“

Nach vier Monaten Schul-Lockdown soll es am kommenden Montag im Südwesten eigentlich wieder losgehen: Im Wechselunterricht, der nach Vorgabe des Kultusministeriums nun nicht mehr tage-, sondern wochenweise stattfinden soll. Doch die von vielen erhoffte Rückkehr ins Klassenzimmer könnte auch unabhängig von der Panne der Landesregierung eine kurze Freude werden oder gar nicht erst stattfinden. Denn die Corona-Notbremse sieht vor, dass Schülerinnen und Schüler in Hotspots mit einer Inzidenz von 200 erneut von zu Hause lernen müssen. Zuletzt war die Inzidenz im Landkreis rasant gestiegen und pausiert derzeit bei 180. Allerdings wurden alleine am Donnerstag über 1500 aktuell Infizierte gezählt – das sind so viele an einem Tag wie schon Wochen nicht mehr.

Und die Infektionszahlen steigen wegen der britischen Variante ungebremst weiter. Im Land liegen sieben Stadt- und Landkreise bei über 200 Infektionen auf 100 000 Einwohner in einer Woche, 13 Kreise liegen nur knapp darunter. Lehrergewerkschaften, das Robert Koch-Institut und auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) forderten die Bundesländer am Donnerstag sogar auf, lieber kein Risiko einzugehen und nicht erst ab dem Schwellenwert 200 auf Fernunterricht zu setzen.