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Gastkolumne Wirtschafts-News
Aus Angst vor Verlusten keine Rendite

Stephan R. Wolf.
Stephan R. Wolf. Foto: GALLAS
Aktienanlage ohne Risiko? Ja, meint Stephan R. Wolf, Direktionsleiter der Telis Finanz AG aus Ludwigsburg – und plädiert für bessere Finanzbildung an Schulen.

Direktionsleiter Telis Finanz AG

Sehr geehrte Leserinnen und Leser der LKZ-Wirtschaft-News, als es im vergangenen Sommer mal einen Rücksetzer an den weltweiten Börsen gab, erschien in den Wirtschafts-News eine Umfrage, wie sehr die Leser davon betroffen seien. Die Antworten lauteten zu 15 Prozent „Ja, sehr“, zu 33 Prozent „Nicht so stark“ und zu 52 Prozent „Ich habe keine Aktien“.

In meiner heutigen Kolumne geht es mir um diese 52 Prozent. Tatsächlich scheinen die Leser dieser Kolumne sich zumindest von der breiten Masse der Bevölkerung abzuheben, denn dort gibt es nur rund 18 Prozent Aktien- oder Fondsbesitzer. Dennoch sind beide Zahlen erschreckend und für mich auch frustrierend. Seit 1985 – und damit heuer seit 40 Jahren – ist ein elementarer Bestandteil meiner Finanzberatung und vor allem auch der Altersvorsorgeberatung die Investition in Fonds, konkret – seit es diese gibt – in ETFs.

Fein nuanciert kann dabei eine risikoadäquate Balance zwischen Aktien- und Rentenanlagen gefunden werden. Ich bleibe jetzt aber bei den Aktien. Wer 1985 in einen weltweiten Aktienfonds gemäß dem MSCI-World (der Welt-Aktien-Index) investiert hat, der kann per Ende 2024 auf eine durchschnittliche jährliche Rendite von 8,4 Prozent vor und 6,3 Prozent nach Inflation zurückblicken. Keine Anlageklasse hat mehr Rendite gebracht! Das ist auch sonnenklar, wenn man sich vor Augen führt, dass Aktienanlegende direkt von der wirtschaftlichen Entwicklung profitieren – ohne Umwege, ohne zusätzliche Kosten von Intermediären, ohne staatliche Subvention und ohne Risiko. Ja, Sie lesen richtig – ohne Risiko! Denn wer nur lang genug investiert bleibt, der gleicht auch vorübergehende Rückgänge aus. Solange die Welt von Menschen bevölkert ist – und nur diese Zeit braucht uns zu interessieren – solange wollen Menschen sich ernähren, wohnen, Kleidung tragen, kommunizieren, sich fortbewegen und so weiter. Und dazu brauchen sie Güter, Waren und Dienstleistungen. Das Meiste davon wird ihnen von Aktiengesellschaften zur Verfügung gestellt, die damit richtig gutes Geld verdienen. Also verdienen die Aktienbesitzenden auch. Es gab keinen 15-Jahreszeitraum in der Geschichte, in der sich nach einem Rückgang (einschließlich der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1932 und dem dreijährigen Rückgang der Märkte von 2000 bis 2022 nach dem Platzen der Dotcom-Blase) die Kurse wieder über ihrem Ausgangsniveau befanden. Obwohl Deutschland die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt ist, sind wir ein Zwerg auf dem Kapitalmarkt. Die 40 DAX-Konzerne gehören zum größten Teil ausländischen Anteilseignern – ein Jammer. Die Finanzbildung an unseren Schulen egal welcher Art – selbst auf den Gymnasien und den Hochschulen – ist, gelinde gesagt, eine Katastrophe. Seit 40 Jahren muss ich meinen Mandanten im Erstgespräch die elementarsten Grundlagen zu Wirtschaft, Aktien, Fonds etc. erklären und das bis hin zu Menschen, die beruflich extrem erfolgreich sind.

Der erste Punkt meiner Investmentphilosophie lautet, ich mache keine Prognose. Keiner weiß was passiert, aber wir alle wissen, die Welt dreht sich weiter und damit erfüllt sich, was ich oben beschrieben habe. Mehr brauche ich heute dazu an dieser Stelle nicht sagen und ich wünsche Ihnen: Bleiben Sie zuversichtlich.