Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Ludwigsburg
Die Region Stuttgart, und mittendrin der Landkreis Ludwigsburg, war lange der Inbegriff wirtschaftlicher Stabilität: volle Auftragsbücher, niedrige Arbeitslosigkeit, starkes Beschäftigungswachstum, beste Ausbildungschancen. Doch seit einiger Zeit mehren sich zunehmend schlechte Nachrichten aus der heimischen Wirtschaft. Und jetzt ist die Doppelkrise aus Konjunkturflaute und Strukturwandel auch auf unserem Arbeits- und Ausbildungsmarkt angekommen.
Über einen langen Zeitraum und über viele Krisen hinweg zeigte sich der Arbeitsmarkt erstaunlich stabil. Nun aber erleben wir einen tiefgreifenden Wandel, der besonders unsere Automobil- und Zulieferindustrien trifft, aber auch viele andere Branchen in Bedrängnis bringt. Nicht, dass diese Entwicklung nicht vorhersehbar gewesen wäre. Aber jetzt, wo die Auswirkungen bis in die Mitte der Gesellschaft spürbar werden, tritt der Ernst der Lage immer mehr ins kollektive Bewusstsein.
Der Stellenabbau in der Industrie hat längst begonnen. Neu aber ist, dass es diesmal nicht nur Geringqualifizierte trifft, sondern auch Akademiker, Ingenieure und Fachkräfte. Erste Anzeichen, dass auch die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen trotz Fachkräftemangel und einer immer älter werdenden Gesellschaft darunter leidet, sind erkennbar. Die Situation ist äußerst brisant und es bedarf großer Kraftanstrengungen, damit wir wieder gestärkt aus dieser Krise hervorgehen werden. Neben dem Um- und Ausbau der „Auto-Region“ zur „Technologie-Region“, Bürokratieabbau und vielem mehr, was unmittelbar zur Stärkung des Standorts beitragen würde, sind dabei aus der Perspektive der Arbeitsverwaltung folgende Themen von besonderer Bedeutung:
1. Zur Abfederung der negativen Folgen des Strukturwandels müssen Beschäftigungsübergänge der von Beschäftigungsabbau Betroffenen in Zukunftsberufe gut organisiert werden. Ziel muss sein, Arbeitslosigkeit erst gar nicht entstehen zu lassen, sondern Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möglichst per Job to Job, ggfs. mithilfe von sogenannten Arbeitsmarkt-Drehscheiben, vom abgebenden ins aufnehmende Unternehmen zu vermitteln.
2. Weiterbildung von Beschäftigten muss in allen Branchen und Unternehmen zur Normalität werden. Der technologische, ökologische und demografische Wandel verstärkt die Notwendigkeit von lebenslangem Lernen.
3. Wir müssen in gemeinsamer Verantwortung dafür sorgen, dass unsere Jugend den Übergang von der Schule in die Berufswelt reibungsloser meistert. Die Zahl an Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz findet, nimmt weiter zu. Bestehende Unterstützungsstrukturen müssen überprüft und gegebenenfalls gezielt weiterentwickelt werden.
4. Und wir müssen uns der Frage stellen, wie wir zur Deckung des zukünftigen Fachkräftebedarfs die Anwerbung internationaler Talente weiter ausbauen können.
Die Bedeutung der Migration für den Arbeitsmarkt steigt und wird künftig sehr viel stärker als bisher auf Drittstaaten entfallen. Dies ist nicht nur eine Aufgabe der Unternehmen, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die uns alle angeht.
Mit dem Strategieprozess 2030 des Landkreises, der Bildungsregion Landkreis Ludwigsburg und der Fachkräfteallianz Landkreis Ludwigsburg stehen Netzwerkstrukturen zur Verfügung, in denen diese Handlungsfelder mit Mut und Entschlossenheit angegangen werden können. Nicht abwarten – einfach machen! Ganz nach dem Motto der Bundesagentur für Arbeit „Gemeinsam bringt weiter“.


