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Basketball-Bundesliga
Die große Bühne als Entschädigung

Soll in seine neue Rolle wachsen: der neue Kapitän Jonas Wohlfarth-Bottermann. Foto: Baumann
Soll in seine neue Rolle wachsen: der neue Kapitän Jonas Wohlfarth-Bottermann. Foto: Baumann
Für das anstehende Finalturnier im Münchner Audi Dome müssen die Profi-Basketballer einige Opfer bringen. Im Gegenzug wird den Sportlern so viel Aufmerksamkeit wie selten zuvor geschenkt.

Ludwigsburg. Ein bisschen haben sich die Bundesliga-Basketballer der MHP-Riesen Ludwigsburg sicherlich in ihre Kindheit zurückversetzt gefühlt. Denn beim jüngsten Coronatest, den die Sportler zweimal die Woche über sich ergehen lassen müssen, wurden die Riesen-Spieler – wie man es aus Kindheitstagen kennt – mit Süßigkeiten für die überstandene Behandlung belohnt. „Die Tests sind unangenehm. Heute hat die Ärztin aber Schokolade gebracht und alle haben schnell vergessen, wie es wehtun kann“, schmunzelte Riesen-Trainer John Patrick gestern in einer virtuellen Pressekonferenz.

Gewissermaßen sind die unangenehmen Coronatests ein Vorbote für das, was den Ludwigsburger Basketballern in den nächsten Wochen bevorsteht. Denn ab morgen beginnt für die Riesen eine bis zu dreiwöchige Quarantäne. Für das Finalturnier der BBL werden die Spieler und Trainer aller zehn teilnehmenden Vereine in einem Vier-Sterne-Hotel nahe des Münchner Olympiazentrums untergebracht. Das Verlassen des Hotels ist höchstens für einen Spaziergang gestattet – und für Training und Spiele, die ohne Zuschauer stattfinden. Dabei sollen einige Annehmlichkeiten den Spielern ihre Freizeit im Hotel so komfortabel wie möglich machen. Ein Funzentrum mit Spielkonsole, Dartscheibe, Tischtennisplatte und Golfsimulator soll für Ablenkung in der Isolation sorgen. „Der Spielplan ist aber eng getaktet, so dass gar nicht viel Freizeit zur Verfügung stehen wird“, kündigte Alexander Reil, 1. Vorstand der Riesen und BBL-Präsident, gestern an.

Zuletzt haben sich die Ludwigsburger in der Barockstadt auf das Finalturnier vorbereitet. Am Sonntag (19 Uhr) findet im Audi Dome das erste Gruppenspiel gegen Vechta statt. Es folgen Partien gegen Frankfurt (Dienstag, 16.30 Uhr), Bamberg (Donnerstag, 20.30 Uhr) und Berlin (Montag, 20.30 Uhr).

„Bisher habe ich noch keine Beschwerden aus der Mannschaft gehört“, gab Patrick zu verstehen. Das sei typisch für die Mentalität von Profisportlern, die es gewohnt sind, bis zu zehn Monate im Jahr von der Familie getrennt zu sein. Den Spielern scheint bewusst, welche Chance sich ab Sonntag für sie bietet. „Man weiß, dass das Spiel im Fernsehen läuft, viele werden uns zuschauen. Die BBL liefert den einzigen Basketball-Inhalt auf der Welt“, sagte Patrick über die Bundesliga, die sich von dem Turnier so viel Aufmerksamkeit wie nie zuvor erhofft.

Nicht mit dabei sein werden Tanner Leissner und Khadeen Carrington, die nach der Corona-Unterbrechung nicht aus den USA nach Ludwigsburg zurückkehrten. Besonders Topscorer Carrington wird die große Aufmerksamkeit des Finalturniers ohnehin kaum benötigen, um in der kommenden Saison bei einem Euroleague- oder sogar NBA-Team unterzukommen. „Beide haben gute Gründe, wieso sie nicht zurückkommen“, merkte Patrick nüchtern an. Zudem wird Kapitän Konstantin Konga wegen einer Schulter-Operation nicht mit dabei sein.

Neuzugang Zamal Nixon ein Kandidat für die Startaufstellung

Die Lücke auf der Point-Guard-Position schließen Zamal Nixon, der zuletzt bei den MLP Academics Heidelberg spielte, und Teyvon Myers, bisher bei den Gießen 46ers unter Vertrag. „Die zwei wollten die Chance“, sagte Patrick über die Neuzugänge. Nixon sei sogar Kandidat für die Starting Five. Myers hingegen habe Probleme mit dem Defensivsystem der Ludwigsburger, auf das Patrick besonders viel Wert legt. „Er ist unglaublich athletisch, hat aber bei seiner bisherigen Mannschaft mehr oder weniger frei in der Verteidigung gespielt. Jetzt gibt es viele Regeln“, sagte er dazu.

Harte Verteidigung und diszipliniertes Spiel – gerade das sollen beim Turnier in München auch Jonas Wohlfarth-Bottermann und Marcos Knight verkörpern. Die 30-jährigen Routiniers wurden von Patrick nach Kongas Ausfall zum Kapitäns-Duo befördert. Nicht ohne Hintergedanken. „Zwei hart arbeitende Spieler, die sich für die Mannschaft einsetzen“, so Patricks Begründung für die Entscheidung.

Bleibt noch die Frage nach den Topfavoriten des Turniers. Als hätten sie sich abgesprochen, antworteten Patrick und Reil, ohne zu zögern, und nannten Alba Berlin, Bayern München und die EWE Baskets Oldenburg als Anwärter auf den Titel. Auf die eigenen Möglichkeiten kamen sie nur auf Nachfrage zu sprechen, nachdem Ex-Nationaltrainer Dirk Bauermann den Riesen große Außenseiterchancen eingeräumt hatte. „Das klingt nicht schlecht – was immer das heißen mag“, sagte Reil. Und auch Patrick gefiel diese Rolle trotz der bis zur Coronapause überzeugenden Saison. „Er ist ein Experte, er weiß es besser als ich. Wir haben nichts zu verlieren.“