Stuttgart/Tübingen. Kein Sieger, kein Verlierer: Das ist das Fazit von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer einen Tag nach seinem von heftigen Protesten begleiteten Streitgespräch mit AfD-Landeschef Markus Frohnmaier. «Einen klaren Sieger gab es nicht. Damit ist die These, man könne in Debatten mit der AfD nur verlieren, widerlegt. Und das Experiment hat viele Hinweise erbracht, wie man die AfD auf dem inhaltlichen Feld schlagen könnte. Ich hoffe, dass dies in Zukunft anderen immer öfter gelingt», schreibt Palmer am Samstag auf seiner Facebook-Seite.
Palmer gibt sich auch selbstkritisch
Der Tübinger Oberbürgermeister hatte vor dem Gespräch angekündigt, die inhaltlichen Schwächen der AfD aufzeigen zu wollen. Dies sei ihm nicht immer gelungen, meint er jetzt rückblickend. «In meinen Vorbereitungsordnern liegt viel ungenutztes Material. Frohnmaiers Ausweichmanöver hätte ich deutlicher kennzeichnen sollen. Ebenso sein Abrücken von Rechtsextremen Inhalten zugunsten einer bürgerlichen Fassade. Das kann schlicht ein Wolf im Schafspelz sein. Dass ich nicht einfach alles glaube und es in krassem Widerspruch zu anderen Aussagen steht, hätte deutlicher werden können.»
Positiv blickt er jedoch auf den Teil des Streitgesprächs, in dem es um die Kriminalstatistik ging: Da habe er die AfD komplett entlarvt. «Das hat man schon daran gemerkt, dass die AfD-Politiker an keiner Stelle mehr aufgeregte Zwischenrufe gemacht haben als an dieser», so Palmer.
Bei der Veranstaltung am Freitagabend in Tübingen hatte Palmer gesagt, die Zahl der Straftaten habe im vergangenen Jahr bei 5,5 Millionen und im Jahr 2000 bei 6,3 Millionen gelegen. Das gelte auch für die Zahl der schweren Straftaten wie Mord und Totschlag. «Wer vor 20 Jahren keine Angst auf der Straße hatte, der muss es heute auch nicht haben», sagte Palmer.
Lag es am Format?
Palmer bezeichnet einige «Randbedingungen» für das Gespräch als ungünstig. Etwa die aufgeheizte Stimmung im Saal, die Verzögerung durch Störungen, den Zeitmangel am Ende, seine eigene Stimmbandentzündung. Er ist sich abschließend aber sicher, dass die Diskussion mit dem politischen Gegner der Hauptweg sei. «Darauf müssten wir uns irgendwann einigen. Sonst sind wir nicht erfolgreich.»
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