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Pyro-Skandal: Verfahren gegen Fanprojekt-Trio eingestellt

Landgericht Karlruhe
Am Landgericht Karlsruhe ging der Prozess gegen drei Mitarbeiter des KSC-Fanprojekts weiter. (Archivbild) Foto: Bernd Weißbrod
Fußball-Fans aus ganz Deutschland blicken nach Karlsruhe - und erleben ein schnelles Ende der Berufungsverhandlungen im Pyro-Prozess. Doch ob die Rufe in den Kurven nun leiser werden?

Karlsruhe. Überraschend schnelles Ende im Pyro-Prozess: Das viel beachtete Verfahren gegen drei Mitarbeiter des Fanprojekts des Karlsruher SC ist gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt worden. Staatsanwaltschaft und Angeklagte stimmten dem entsprechenden Vorschlag des Vorsitzenden Richters Peter Stier am Landgericht in Karlsruhe zu - mitunter zähneknirschend. Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt, zahlreiche Fußball-Fans hatten sich mit den Sozialarbeitern aus Nordbaden solidarisiert.

Lange Schlange vor dem Landgericht

Das Amtsgericht Karlsruhe hatte die drei Mitarbeiter des KSC-Fanprojekts wegen des Vorwurfs der versuchten Strafvereitelung vor rund einem Jahr zu Geldstrafen im mittleren vierstelligen Bereich verurteilt, das Trio daraufhin Berufung eingelegt. Bei den ursprünglich für zwei Tage angesetzten Berufungsverhandlungen vor dem Landgericht, vor dem sich eine lange Besucherschlange gebildet hatte, gaben die drei Angeklagten nun ihre Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens.

Sie müssen 3.150, 1.500 beziehungsweise 2.022 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. Ein Schuldeingeständnis sei das aber nicht, wie sie durch ihre Verteidiger klar zum Ausdruck brachten. Vielmehr handele es sich um eine prozessökonomische Entscheidung. Man wolle ein Signal senden und auf die Staatsanwaltschaft zugehen, um die Zusammenarbeit wieder zu verbessern.

Karlsruher SC - FC St. Pauli
Diese Pyro-Aktion von Fans des Karlsruher SC im November 2022 hatte ein juristisches Nachspiel. (Archivbild) Foto: Uli Deck

Pyro-Skandal mit elf Verletzten

Nach einem Pyro-Skandal mit elf Verletzten beim Zweitliga-Spiel des Karlsruher SC gegen den FC St. Pauli im November 2022 hatten sich die drei Sozialarbeiter geweigert, in der Aufarbeitung als Zeugen auszusagen. Ihr Verhalten hatten sie damit begründet, dass sie bei ihrer Arbeit auf das Vertrauen der Fans angewiesen seien und dieses Verhältnis schützen müssten.

Ein Zeugnisverweigerungsrecht gibt es in der Sozialen Arbeit aber nur in wenigen Ausnahmefällen. Bundesweit hatten Fan-Verbände zuletzt gegen die Verurteilung protestiert und eine Ausweitung dieses Rechts gefordert.

Richter verweist auf Signalwirkung

Es sei ein grundlegendes Dilemma aufgedeckt worden, sagte Richter Stier bei der Eröffnung der Berufungsverhandlungen. Viele Sozialarbeiter hätten nun mal kein Zeugnisverweigerungsrecht. Dennoch sei die Schuld der Angeklagten als gering anzusehen, eine Einstellung des Verfahrens dränge sich geradezu auf.

Man müsse sich aufeinander zubewegen, so Stiers Botschaft an alle Beteiligten. Und sich bewusst machen, welches Signal von dem Prozess ausgehen solle.

Zwei der drei Angeklagten sind inzwischen nicht mehr für das KSC-Fanprojekt tätig; eine ist arbeitsuchend, der andere stattdessen als Fanbetreuer beim Club angestellt. Sie hatten zunächst für eine Einstellung des Verfahrens ohne Auflage plädiert, letztlich aber doch ihre Zustimmung gegeben.

Das Zeugnisverweigerungsrecht - es bleibt ein Streitpunkt rund um die Soziale Arbeit. Auch über den Pyro-Prozess von Karlsruhe hinaus. Rufe nach einer entsprechenden Gesetzesänderung dürfte es in den Fankurven weiter geben.

© dpa-infocom, dpa:251016-930-170398/1