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Drama im Herzen von Paris: Notre-Dame in Flammen

Notre-Dame steht in Flammen
Ein kleiner Spitzturm in der Mitte des Daches stürzte bereits ein. Foto: Thibault Camus/AP
Menschen stehen entsetzt auf den Pariser Brücken, über der Innenstadt liegt eine riesige Rauchschwade. Aus der weltberühmten Kathedrale Notre-Dame schlagen meterhohe Flammen. Was wird von der gotischen Kirche übrig bleiben?

Paris (dpa) - Wieder Alarm in Paris. Überall Sirenen, überall Polizei und Feuerwehrfahrzeuge. Notre-Dame, die berühmte Kathedrale im Herzen der französischen Hauptstadt, brennt lichterloh.

Eine riesige Rauchsäule steht über dem Wahrzeichen, Flammen schlagen aus dem Dachstuhl. Passanten sprechen von einer Katastrophe. Der kleine Spitzturm auf dem Dach des monumentalen Bauwerks stürzt einfach in sich zusammen. Durch die Menschenmenge an den Ufern der Seine geht ein Raunen. Wie schwer der Brand die Kirche zerstört hat, und was noch zu retten ist - in Paris fürchtet man das Schlimmste. Am späten Abend machte der Feuerwehrchef zumindest etwas Hoffnung.

Das Feuer brach am Montagabend aus, es war ein sonniger Frühlingstag in Paris. Notre-Dame ist eine der Top-Touristenattraktionen und wird jährlich von Millionen Menschen besucht, die vor dem Bauwerk Schlange stehen. Die Kathedrale steht auf der Île de la Cité - eine Insel in der Seine und das historische Herz der Stadt.

Hunderte Passanten drängen sich am Abend auf den Brücken über dem Fluss, um Fotos vom Feuer zu machen. Nur wenige Autos kommen überhaupt noch durch. Polizisten riegeln nach und nach die Brücken und das gesamte Gelände um die Kirche ab - und verscheuchen Schaulustige recht harsch. Auf einer Straße nahe der Kirche singen am Abend Dutzende Menschen «Ave Maria». Sie knien, stehen - singen im Chor, einige haben einen Rosenkranz in der Hand.

Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo sagt, sie habe den Rauch von ihrem Bürofenster aus gesehen. Es sei ein Drama für die ganze Welt, klagt sie. Notre-Dame sei ein Symbol der Pariser Geschichte, ein Symbol der Freiheit. Der Sprecher des Wahrzeichens, André Finot, sagt, er habe eigentlich gar keine Worte. «Schrecklich» sei das einfach nur - er sei schockiert. Man könne diese alte Dame nicht einfach im Stich lassen, betont der Rektor der Kathedrale, Patrick Chauvet, trotzig.

Und dann gibt es doch ein bisschen Hoffnung am späten Abend: «Man kann annehmen, dass die Struktur von Notre-Dame gerettet und in ihrer Gesamtheit bewahrt ist», sagt der Feuerwehrchef Jean-Claude Gallet. Das Feuer wütet zu diesem Zeitpunkt allerdings weiter. In der Pariser Nacht lodern die Flammen feuerrot. Scheinwerfer beleuchten das monumentale Bauwerk.

Die französische Hauptstadt und das ganze Land waren in den vergangenen Jahren von einer islamistischen Terrorwelle getroffen worden. Die Terrorfrage stellte sich auch jetzt wieder - schließlich war auch Notre-Dame ein potenzielles Ziel von Attentätern. Die Polizei geht aber am Abend zunächst nicht von einem terroristischen Hintergrund aus. Auf dem Dach der Kathedrale stand ein riesiges Gerüst. Bauarbeiten könnten die Ursache für den verheerenden Brand sein, lauten erste Vermutungen. Die Staatsanwaltschaft hat eine Untersuchung eingeleitet.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wollte am Montagabend eigentlich eine TV-Ansprache halten. Nach dem Ende seiner Bürgerdebatte wollte er konkrete Reformpläne ankündigen, um die seit Monaten anhaltende «Gelbwesten»-Krise in den Griff zu bekommen. Diesen Auftritt sagt er kurzfristig ab. «Wie alle unsere Landsleute bin ich an diesem Abend traurig, diesen Teil von uns brennen zu sehen», erklärt er.

Die Geschichte der Kathedrale reicht bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts zurück. Die Dimensionen der im gotischen Stil konstruierten und der Jungfrau Maria geweihten Kirche mit ihren beiden majestätischen Haupttürmen sind gewaltig: Die Kathedrale ist 127 Meter lang, 40 Meter breit und bis zu 33 Meter hoch. Mit seinem 1831 erschienenen historischen Roman «Der Glöckner von Notre-Dame» verewigte Victor Hugo die Kathedrale in der Literatur.

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