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Förderprogramm
Vom Traum, eine Professorin zu werden

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Professorin Dr. Gunda Rosenauer von der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg will mehr Frauen in Professuren bringen. Sie hat dafür mit Dozenten weiterer Hochschulen das Programm „Traumberuf Professorin“ ins Leben gerufen. Es soll Frauen bei der akademischen Karriere unterstützen. Rosenauer will Mut machen und zeigt mit ihrem eigenen Werdegang von der Försterin zur Professorin, dass das auch mit Kindern geht: „Es ist machbar.“

Ludwigsburg. Wenn Gunda Rosenauer über ihren Beruf als Professorin spricht, kommt sie schnell ins Schwärmen. „Es ist so toll“, sagt sie. „Die Arbeit mit jungen Leuten macht wirklich großen Spaß.“ Und der Job lasse sich gut mit Familie vereinbaren. Wenn sich die 51-Jährige aber in ihrem Kollegium an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen (HVF) umschaut, sind da bei Weitem nicht so viele Frauen wie Männer. Von den 81 Professuren sind nur 22 von Frauen besetzt. Das sind 27  Prozent. Dabei liegt der Frauenanteil bei den Studenten bei 70 Prozent. An anderen Hochschulen sieht es ähnlich aus. „Das kann nicht sein“, sagt Rosenauer. „Wir wollen den Anteil steigern.“
Mehr Professorinnen – das ist das Ziel. Dafür setzen sich seit einem Jahr sieben Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Baden-Württemberg ein: Neben der HVF sind die Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft, die Hochschule der Medien Stuttgart, die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, die Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg sowie die Hochschulen Mannheim und Konstanz dabei. Deren Gleichstellungsbeauftragten haben das Verbundprojekt „Traumberuf Professorin“ initiiert. Gefördert wird es für vier Jahre vom Europäischen Sozialfonds und vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Dadurch konnte auch eine Stelle an der Hochschule Karlsruhe geschaffen werden, die das Programm koordiniert.
An der HVF stehe man dem Projekt sehr positiv gegenüber, berichtet Rosenauer. „Der Rektor unterstützt das sehr und fördert Frauenthemen.“ So sei beispielsweise eine Schwangere zur Prorektorin gewählt worden. Und kürzlich sei die HVF als familiengerechte Hochschule ausgezeichnet worden.
Ein erster Durchlauf des Förderprogramms fand bereits erfolgreich statt, berichtet Gunda Rosenauer. Nun soll die zweite Runde starten. „Noch kann man sich bewerben“, betont die Professorin. Und zwar bis zum 16. September. „Wir suchen Frauen, die promoviert sind oder auf dem Weg dahin“, sagt sie. Es spiele keine Rolle, in welchem Bereich das sei. Insgesamt können 35 Frauen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung oder Kultur, die sich für eine Professur an einer Hochschule für Angewandte Wissenschaft interessieren, in das Förderprogramm aufgenommen werden, je Hochschule bis zu sieben. Jede Teilnehmerin bekommt einen Professor beziehungsweise eine Professorin als Mentor an die Seite gestellt. „Es geht um Coaching, Mentoring und Training. Man erhält etwa Einblicke, wie der Beruf ist“, erklärt Gunda Rosenauer. Und auch der Austausch unter den Geförderten wird bei gemeinsamen Seminaren gestärkt.
„Ich will Mut machen“, sagt die Dozentin. Die zweifache Mutter hat es selbst vorgemacht. Gunda Rosenauer hat nämlich nicht die klassische akademische Karriere eingeschlagen. Sie war zunächst Krankenschwester, holte dann die Hochschulreife nach und studierte schließlich Forstwirtschaft. „Ich dachte immer, dass ich etwas mit Psychologie machen will“, erzählt sie. Gesagt, getan. Neben ihrer 80-Prozent-Stelle an der Akademie für ländlichen Raum in Schwäbisch Gmünd begann sie, Soziologie, Erziehungswissenschaft und Psychologie zu studieren. Sie war zu dem Zeitpunkt 35 Jahre alt. Ihre Kinder 13 und 16. Nach dem Studium begann sie, als Försterin im Stadtwald Heilbronn zu arbeiten. Da ihr Mann ebenfalls als Förster in dieser Region tätig war, passte das sehr gut, erzählt sie. Zehn Jahre lang war sie Försterin.
„Ich dachte dann daran, wie gut das Studium gelaufen war, und ich beschloss: Das mit der Promotion will ich machen.“ Als sie damit anfing, war sie 40. Nach Abschluss der Promotion bewarb sie sich auf eine Professorenstelle an der HVF – und bekam den Job. „Jetzt bin ich seit vier Jahren hier und finde es immer noch so toll“, sagt die 51-Jährige strahlend. „Wenn man von unten kommt, schätzt man das wohl viel mehr.“
Neben Beruf und mit Familie eine Doktorarbeit zu schreiben, sei stressig, aber machbar, betont Rosenauer. „Man kann das schaffen. Es ist daher wichtig, Frauen zu stärken.“ Bei Männern gebe es nicht den Bedarf, das würden die Zahlen deutlich machen. „Bei uns an der Hochschule werden Bürgermeister und Landräte ausgebildet. 70 Prozent der Studierenden sind weiblich. Am Ende landen aber nur sechs Prozent Frauen in dem Beruf“, sagt sie. Das müsse sich ändern. „Wir Frauen sind einfach oft nicht so mutig und trauen uns nicht so viel zu. Wir denken oft gar nicht so weit, zu promovieren.“ Die Förderung von Frauen sei daher wichtig. „Und das ist so lange noch ein Thema, bis wir die 50 Prozent erreicht haben.“

Info:  Wer sich bewerben möchte oder Fragen zu dem Förderprogramm hat, kann sich direkt bei Gunda Rosenauer unter (0 71 31) 6 44 10 93 melden. Infos unter www.traumberuf-professorin.de.