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Umweltschutz
Asyl für 60 neue S 21-Eidechsen

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Mit der schwarzen Folie soll verhindert werden, dass die Eidechsen auf die Straße laufen.Fotos: Oliver Bürkle
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Die Bahn hat sich verpflichtet, die Trockenmauern zu sanieren.
Rund 30 S 21-Eidechsen leben derzeit am Steinheimer Burgberg – das hat zumindest eine Untersuchung 2015 ergeben. Sie bekommen jetzt Zuwachs von 60 weiteren Tieren. Im Zuge des Bahnprojektes Stuttgart-Ulm müssen diese von ihrem bisherigen Domizil am Uhlbach bei Obertürkheim nach Steinheim umziehen.

Steinheim. Die schwarze Folie an den Mauern entlang der Straße ist bereits gezogen: Mit ihr wird verhindert, dass die neuen Eidechsen auf die Straße laufen. „Wenn Sie sich ein Winterquartier in Holzhaufen oder Mauern gesucht und sie sich zum ersten Mal fortgepflanzt haben, bleiben sie dort und man kann die Folien im Frühjahr wieder entfernen“, erklärt der städtische Umweltexperte Eric Hirsch. Dann sind auch Zu- und Abwanderungen innerhalb des Gebietes gewollt. Denn zunächst werden die Eidechsen von verschiedenen Herkunftsorten in unterschiedliche Bereiche des Burgbergs umgesiedelt, wo bisher keine Tiere gelebt haben. Damit sind die Tiere eines Altstandorts erstmal unter sich. Dass es später im Laufe der Zeit durch die Ab- und Zuwanderung von einzelnen Tieren zu einer „Durchmischung“ mit den Nachbarbereichen kommt, ist sinnvoll und gewollt, um die genetische Vielfalt zu erhalten. Dazu wurden extra die Vernetzungsbereiche zwischen den einzelnen Flächen als Wanderkorridore freigerodet.

Die Umsiedlung wird durch die Umplanung für die Bahnstrecke Stuttgart-Ulm nötig. Im Bereich der Zuführung Ober- und Untertürkheim wurden Zaun- und Mauereidechsen festgestellt. Die Mauereidechsen werden auf eine Fläche nahe der Feuerbacher Heide gebracht, die 60 erwachsenen Zauneidechsen werden an den Burgberg umgesiedelt. „Die Umsiedlung läuft schon“, bestätigt ein Sprecher des Kommunikationsbüros des Bahnprojektes Stuttgart-Ulm.

Bereits 2014 wurden 23 erwachsene Eidechsen, elf Tiere mittleren Alters und 72 Jungtiere von Stuttgart nach Steinheim umgesiedelt, wobei die Überlebenschancen von Jungtieren egal unter welchen Umständen ohnehin nur bei einem Viertel bis einem Drittel liegen. Steinheim hat die Fläche der Deutschen Bahn zur Verfügung gestellt, im Gegenzug muss diese das Gelände pflegen und die Trockenmauern sanieren.

2015 waren Experten siebenmal auf dem Grundstück und kontollierten, fünf erwachsene Eidechsen wurden gesichtet. Da bei den Sichtbeobachtungen immer nur ein gewisser Anteil der tatsächlich vorhandenen Population erfasst wird, wurde der Korrekturfaktor sechs angewandt. Somit war von einem Bestand von 30 Tieren ausgegangen worden. Im Jahr 2016 gab es keine Untersuchung.

Der Burgberg ist eigentlich ein Paradies für Eidechsen. Die Strukturen sind gut, da er sehr verinselt ist. So bieten sich genügend Versteck- und Nahrungsmöglichkeiten. Die Zahlen des Monitorings wertet Hirsch als Beweis dafür, dass die Umsiedlung funktionieren kann. Ein Experte hatte vor kurzem im Rahmen der Umsiedlung von Mauereidechsen auf den Killesberg betont, dass eine Vergrämung der Tiere am besten funktioniert. Dies bestätigt auch Hirsch: Die Lehre im Umweltschutz sei, die Eidechsen an ihrem Standort zu belassen und besser mithilfe von schwarzen Folien Stück für Stück auf eine andere Fläche zu verdrängen. „Die Umsiedlung ist nur die zweitbeste Lösung.“ Auch findet er, dass die vorgesehene Fläche von 100 Quadratmeter pro Eidechse ausreichend ist und nicht 150 Quadratmeter benötigt werden. Damit reiche die Fläche am Burgberg mit 13 000 Quadratmeter auch für die jetzt neu hinzukommenden 60 Eidechsen aus – die Bahn spricht von einem Kontingent von 90 Tieren insgesamt. Ob der Aufwand mit den Kosten von 2000 bis 4000 Euro pro Eidechse gerechtfertigt sei, will Eric Hirsch nicht beurteilen. Fakt sei, dass es sich um eine rechtliche Vorgabe handelt, die umgesetzt werden muss. Die Eidechse ist europaweit gefährdet. „Die Eidechse ist zudem noch eher ein Sympathieträger als der Juchtenkäfer. Generell stellt sich aber die Frage, wie wir mit unseren Flächen in der Region umgehen. Das Artensterben ist eine Tatsache, die Liste der bedrohten Tiere wird immer länger.“