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Umwelt
Bächle liegt auf dem Trockenen

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Bachlauf im Möglinger Neubaugebiet Hasenkreuz: Ursprünglich wollten Landschaftsplaner hier das Wasser sprudeln lassen, doch später stellte sich heraus, dass das Vorhaben technisch nicht umsetzbar ist. Heute sammelt sich Müll in den Rinnen. Fotos: Ramona Theiss (2), Alfred Drossel (Archiv)
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Als in Möglingen das Neubaugebiet Hasenkreuz entwickelt wird, legen die Planer auch einen Bachlauf an. Doch Wasser ist hier noch nie geflossen, was sich wohl auch nicht ändern wird.

Möglingen. Edgar Blank führt seinen Hund im Möglinger Neubaugebiet Hasenkreuz Gassi. Links liegen die schicken, neuen Immobilien, die mit 600 Euro und mehr für den Quadratmeter zu Buche schlagen. Auf der rechten Seite schlängelt sich auf mehreren Hundert Metern ein Bachlauf durch die Landschaft, der noch nie einen Tropfen Wasser gesehen hat. Anwohner nutzen das trockene Bett, um hier ihr Gras zu entsorgen. Auf dem Boden sammeln sich leere Big-Mac-Verpackungen oder Joghurtbecher. „Ich will Ihnen mal was sagen“, schimpft Edgar Blank, der für die Freien Wähler jahrelang im Möglinger Gemeinderat saß. „Diese Angelegenheit ist ein riesiges Ärgernis, eine Verschwendung sondergleichen.“

Freiburger Verhältnisse mit romantischen Bächle, die dort die Altstadt durchziehen, sollten eigentlich einmal im Hasenkreuz entstehen. „So wurde es uns im Gemeinderat verkauft“, sagt Blank. Die Idee mit dem plätscherndem Wasser hatten sich ein Planungsbüro und der damalige Bürgermeister Eberhard Weigele ausgedacht. Der Gemeinderat stimmte dem Vorhaben geschlossen zu. Doch umgesetzt wurde es nie.

Diejenige, die das Problem geerbt hat, ist Weigeles Nachfolgerin im Möglinger Rathaus und heißt Rebecca Schwaderer. „Die Idee war toll“, sagt die Bürgermeisterin unserer Zeitung. „Sie war nur leider nicht umsetzbar.“ Die Urheber hatten sich ausgedacht, in ein Regenrückhaltebecken, das ebenfalls im Hasenkreuz liegt, eine Solarpumpe einzubauen, mit deren Hilfe Wasser in den Bachlauf gelangt. Erst später stelle sich heraus, dass diese Methode nicht funktionieren und in keinem Verhältnis zu den dafür notwendigen Kosten stehen würde. „Also hat man es einfach gelassen, nachdem der Bachlauf bereits aufwendig verdohlt worden war“, resümiert der Freie Wähler Blank enttäuscht. „Es war alles für die Katz.“

Erschwerend kommt hinzu, dass das Regenrückhaltebecken im Hasenkreuz offenbar überdimensioniert ausgefallen ist, was die Bürgermeisterin Schwaderer indirekt bestätigt. Es helfe zwar zur Entwässerung des Gehwegs, der entlang von Spielplätzen durch das Hasenkreuz führt. Fraglich sei allerdings, ob die Mulde, in der auch Schilf seiner Zukunft entgegenwächst, so groß hätte ausfallen müssen.

Nein, sagt der ehemalige Ratsherr Blank. Was ihn darüber hinaus auf die Palme bringt: Dass mit dem nie umgesetzten Bächle in seinen Augen wertvolles Bauland verplempert worden sei. Blank geht von einem „Millionenschaden“ aus, der der Gemeinde dadurch entstanden sei, dass sie diese Fläche nicht den Grundstücken zuschlagen konnte. „Ich gehe von drei oder vier Bauplätzen aus, die der Gemeinde flöten gegangen sind.“

Das hält die Bürgermeisterin Schwaderer freilich für eine Milchmädchenrechnung. „Wir mussten in dem Gebiet auch Grünflächen als Ausgleich schaffen“, sagt sie. „Man kann nicht alles zupflastern, so funktioniert das nicht.“

Nichts hält die Bürgermeisterin zudem von Blanks Vorschlag, statt des Bachlaufs einen Blumenstreifen anzulegen, von dem auch Insekten profitieren würden. „Wir brauchen ihn zur Entwässerung des Weges“, sagt Schwaderer. Blank befürchtet nun, dass sich die Natur die Fläche alleine zurückholen werde. Zwar rücken regelmäßig Mitarbeiter des Möglinger Bauhofs im Hasenkreuz an, um den Bachlauf offenzuhalten. „Früher war er aber deutlich tiefer“, sagt der ehemalige Ratsherr.

Vielleicht ist es gar nicht so schlimm, dass am Hasenkreuz keine Freiburger Verhältnisse einziehen. Die Liste der Bächle-Opfer im Breisgau ist lang. Bei der Anfahrt zu einem Treffen mit dem Papst lenkte die Frau des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl, Maike Kohl-Richter, den Familienmercedes in den Wasserkanal. Gerhard Schröder trat einmal in ein Bächle, wonach er laut einer regionalen Sage eigentlich eine Freiburgerin hätte heiraten müssen. Allerdings will der Altkanzler im Herbst die Südkoreanerin Soyeon Kim ehelichen – es wäre sein fünfte Trauung. Eine Freiburgerin war nie dabei.