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Entsorgung
Erddeponie-Pläne der AVL sorgen für Verärgerung in Hemmingen und Großbottwar

Auslaufmodell Deponie Froschgraben in Schwieberdingen: In etwa zehn Jahren soll die Einrichtung verfüllt sein, dann muss möglichst zügig ein Nachfolgestandort im Landkreis Ludwigsburg her – womöglich in Hemmingen oder Großbottwar. Archivfoto: Alfred
Auslaufmodell Deponie Froschgraben in Schwieberdingen: In etwa zehn Jahren soll die Einrichtung verfüllt sein, dann muss möglichst zügig ein Nachfolgestandort im Landkreis Ludwigsburg her – womöglich in Hemmingen oder Großbottwar. Foto: Alfred Drossel
Seit Jahren sucht die kreiseigene Abfallverwertungsgesellschaft AVL einen weiteren Standort für eine Deponie. Jetzt steht fest, welche Kommunen dafür infrage kommen: Hemmingen oder Großbottwar. Die Entscheidung stößt vor Ort auf Widerstand – und wirft viele Fragen auf.

Hemmingen/Großbottwar. Als der Landrat Dietmar Allgaier Anfang des Jahres nach Schwieberdingen kommt, um dort Bürgermeister Nico Lauxmann in seine zweite Amtszeit zu verpflichten, ist er zu Scherzen aufgelegt. Der Landkreis ist da längst auf der Suche nach Standorten für eine neue Erddeponie, wenn die vorhandene Anlage am Froschgraben in Schwieberdingen in etwa zehn Jahren stillgelegt werden soll. Allgaier lässt durchblicken, dass der Kreis und seine Abfallverwertungsgesellschaft AVL schon weit mit ihrer Auswahl seien. Dann unkt er: „Ich hoffe, dass die Bürgermeister nach diesem Statement noch ans Telefon gehen.“

Mindestens zwei haben das offenbar getan: Der Hemminger Rathauschef Thomas Schäfer und sein Kollege Ralf Zimmermann aus Großbottwar. Ihre Kommunen hat der Kreis nun als geeignet für eine Deponie benannt. An diesem Donnerstag will er seine Entscheidung im AVL-Aufsichtsrat begründen. Ein Allgaier-Sprecher sagt auf Anfrage unserer Zeitung: „Die zwei potenziellen Standorte in Hemmingen und Großbottwar sind nach unserer Auffassung keineswegs perfekt, sondern weisen – wie alle anderen Standorte im dicht besiedelten Landkreis Ludwigsburg – auch Nachteile auf.“

Nur eine Kommune wird es treffen

Das zeige sich zum Beispiel am Verkehr. In Hemmingen und Großbottwar sind offenbar Ortsdurchfahrten betroffen, wenn künftig Lastwagen hier Bauschutt und Bodenaushub anliefern sollen. Die Rede ist von rund 70 Fahrten, hin und zurück, am Tag. „Die beiden Kommunen haben aber die am wenigsten schlechten Standorte“, so der Sprecher weiter. Acht andere standen ebenfalls auf der AVL-Liste. Sie sollen erst zum Zug kommen, wenn es in Hemmingen und Großbottwar zu unüberwindbaren Hindernissen kommen sollte.

Im Strohgäu ist eine rund 23 Hektar große Fläche in Richtung Heimerdingen und Eberdingen ins Visier der Planer geraten. In Großbottwar sind es gar 45 Hektar an der Grenze zu Oberstenfeld. Klar ist laut Müllmanagern: Am Ende soll es nur an einem Standort eine neue Deponie geben.

Zu viel Verkehr, zu gute Ackerqualität

Dass die AVL in den beiden Kommunen auf Widerstand stoßen wird, hat sie nach eigenen Angaben in ihre Pläne eingepreist. „Wir sind nicht naiv“, so der Allgaier-Sprecher. In Hemmingen sagt der dortige Bürgermeister Thomas Schäfer: „Wir sehen den vorgesehenen Standort sehr kritisch, um nicht zu sagen als ungeeignet an.“ Vor allem die Verkehrssituation scheint ihm ein unlösbares Problem zu sein.

Der CDU-Fraktionschef und Landwirt Walter Bauer bezeichnet die Pläne als „riesengroße Katastrophe“. Er kritisiert, dass mit die besten Ackerböden der Region geopfert werden sollen, und das trotz immer größerer Probleme bei der Versorgung. „Aber die Belange der Menschen spielen ohnehin keine Rolle mehr“, schimpft er mit Blick auf den Ausschluss von Flächen, auf denen vielleicht ein seltener Käfer herumgekrabbelt sei. Für ihn sind andere Orte geeigneter: einer südlich des Froschgrabens, mit Anbindung direkt über die B10. Oder westlich der Sägmühle, wo diesen Sommer nach der langen Dürre kaum etwas gewachsen sei, die Lkw könnten über die Münchinger Westumgehung zufahren. Die von der AVL aufgebrachte neue Umfahrung zu ihrem Standortvorschlag hält er für unrealistisch, dafür gebe es seiner Einschätzung nach gemäß den Regelungen hierfür zu wenig Verkehr.

In Großbottwar zeigen sich der Bürgermeister Zimmermann und sein Gemeinderat unterdessen „schockiert“ von dem AVL-Vorhaben. „Die Fläche sprengt von der Dimension her alles, was wir uns vorstellen können“, sagt der Rathauschef. Er hält es fatal für das Landschaftsbild des Bottwartals, wenn eine Fläche von 45 Hektar für eine Deponie verbraucht werden würde.

Zimmermann bemängelt zudem, dass seine Stadt im Vorfeld weder gefragt noch beteiligt worden ist. „Man hat uns einfach den Standort präsentiert.“ Für ihn stellen sich nun mehrere Fragen: Wie soll der Verkehr sinnvoll gesteuert werden? Wie soll der Flächenverbrauch verträglich gestaltet werden? Kommen zur Deponiefläche Ausgleichsflächen hinzu, die die Landwirtschaft zusätzlich belasten? Wo werden die Zubringerstraßen gebaut? „Wir erwarten Antworten und ein transparentes Verfahren.“ Die Stadt lässt sich bereits anwaltlich vertreten – und kündigt an, energisch für die Belange ihrer Bürger einzutreten.

Langwieriges Verfahren

Die AVL macht derweil deutlich, dass das Verfahren noch in einem sehr frühen Stadium stecke. Die Müllmanager haben vor, im November die Bürger vor Ort zu informieren und mit den Kommunen in einen Dialog zu treten. Der Sprecher des Landrats: „Die Bedenken müssen raus.“ Er geht zudem davon aus, dass zwischen einem Antrag auf Planfeststellung und der Inbetriebnahme in der Regel mindestens zehn Jahre vergehen werden.

Eine Deponie muss für Hemmingen oder Großbottwar übrigens nicht nur Nachteile haben. Schwieberdingen hat als Ausgleich beispielsweise eine Umgehungsstraße bekommen. Und in Vaihingen, so ist zu hören, fließen dank des Burghofs jedes Jahr etwa 600000 Euro in die Stadtkasse.