Ditzingen. Im Nebenraum wartet die Kinderkleidung, im Regal steht Omas gutes Service und weiter hinten im Laden stimmt eine gelb, orange, grün gehaltene Deko-Ecke auf den Frühling ein. Dabei ist es kein herkömmlicher Laden, der da auf Kundschaft wartet: Liebevoll dekoriert finden hier gespendete, gebrauchte Dinge neue Liebhaber, kostenlos und völlig unabhängig vom Geldbeutel der Abnehmer.
Wer schon einmal einen Haushalt auflösen musste, kennt das Dilemma: Viele Dinge sind zu schade zum Wegwerfen; doch nicht jeder hat Zeit für einen Flohmarktstand. Der Nachhaltigkeitsladen im Ditzinger Ortsteil Heimerdingen ist da eine rundum gute Idee: Hier gibt man all die Dinge ab, über die sich ein anderer noch freuen würde. Und mit ein bisschen Glück findet man seinerseits etwas Schönes oder Nützliches. Hauptsache, die Dinge werden weiterhin benutzt. „Wir haben auch Leute, die legen ausdrücklich Wert darauf, dass ihre Sachen nicht verkauft werden, sondern kostenlos an diejenigen gehen, die sich darüber freuen“, sagt die Gründerin Dagmar Regenhardt.
Der Oberbürgermeister hätte den Laden gerne in der Kernstadt gesehen
Nachhaltigkeit hat in Zeiten von Energiekrise, Rohstoffknappheit und steigender Preise an Stellenwert gewonnen. Die Idee für ihr Projekt kam Regenhardt noch vor Corona, als Wohlstand in der allgemeinen Wahrnehmung noch selbstverständlich war. Warum landen so viele gute Dinge im Müll, fragte sie sich und startete ihr Engagement mit Foodsharing im alten Gerlinger Hirschen, fand dort bald auch neue Besitzer für Gebrauchtes: „Auch meine Garage hat als Sammelstelle gedient, aber irgendwann wurde der Platz knapp.“
Also wurde sie beim Ditzinger Oberbürgermeister Michael Makurath vorstellig: Ein von Ehrenamtlichen organisierter Nachhaltigkeitsladen sollte her. Einerseits rannte sie damit offene Türen ein, andererseits hätte das Rathaus ein solches Angebot am liebsten in der Kernstadt gesehen: „Wir leben aber alle in Heimerdingen oder sind mit dem Teilort verbunden“, sagt Regenhardt. „Alles konzentriert sich in Ditzingen – wir wollten das bei uns haben.“
Das Team ist auf 20 Helfer angewachsen
Die Wahl fiel auf das Ladengeschäft, das Ortsansässigen noch immer als „der alte Schlecker“ bekannt ist. Seit dem Konkurs der Drogeriekette hatte es bereits verschiedene Interimsnutzungen erfahren, und so profitiert der Nachhaltigkeitsladen etwa von der sehr professionellen Boutique-Beleuchtung. An diesem Nachmittag ist auch Ortsvorsteher Bernhard Arzt gekommen und zeigt sich beeindruckt.
2020 ging der Laden an den Start – „und dann kam gleich Corona“, erinnert sich Regenhardt. Mit einem Mal war nicht mehr alles jederzeit erhältlich. Man behalf sich mit „Click & Collect“ – „ein Riesenaufwand, weil ja alles fotografiert und ins Internet gestellt werden musste.“ Aber jedes Stück, das weiter benutzt wird, ist für das heute auf 20 Helfer angewachsene Team ein Erfolg. Was im Laden keine Interessenten findet, wird nach Osteuropa gespendet. Auch Möbel und ganze Wohnungsauflösungen finden so eine neue Bestimmung.
Und mit dem Krieg in der Ukraine sind aktuell auch unscheinbare Dinge wieder wichtig: Kochtöpfe und andere Küchenutensilien kommen bei denen an, die alles zurücklassen mussten. „Kartoffelstampfer waren zum Beispiel eine Zeit lang kaum mehr zu bekommen“, sagt Regenhardt und ruft dazu auf, ruhig auch solche Dinge zu spenden. In Sachen Kleidung seien Stücke in größeren Größen gefragt. Allerdings sollte man hier unbedingt den Jahreszeiten entsprechend spenden; gerade stellt man etwa auf Frühjahrsware um.
Das sind die Öffnungszeiten
Geöffnet hat der Heimerdinger Nachhaltigkeitsladen an der Rutesheimer Straße dienstags von 10 bis 13 Uhr und donnerstags von 14.30 bis 17 Uhr. Nachdem es aber ab und zu mal zu Rangeleien gekommen war, gibt es nun eine Kundenkartei – und der Besuch ist nur alle zwei Wochen und zeitlich begrenzt möglich. Für diejenigen, die Dinge abgeben, ist Umschauen und Mitnehmen aber natürlich erlaubt, und zwar mittwochs von 17 bis 19 Uhr oder nach vorheriger Vereinbarung unter Telefon (0172) 2770852. Angenommen wird nahezu alles, was in einem guten Zustand und funktionsfähig ist.
Um das Projekt weiter bekannt zu machen, plant man nun einen Ostermarkt: Am Sonntag, 26. März, kann von 11 Uhr bis in die Nachmittagsstunden gestöbert werden, es gibt ein Quiz für Kinder und Waffeln für alle.