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Sorgen um wertvollen Lebens- und Wohnraum

Blick von Gemmrigheim auf Walheims Kohlekraftwerk. Foto: Alfred Drossel
Blick von Gemmrigheim auf Walheims Kohlekraftwerk. Foto: Alfred Drossel
Die geplante Klärschlammverwertungsanlage auf dem Areal des Walheimer Kohlekraftwerks sorgt bei Bürgern für Kritik

Gemmrigheim/Walheim. Die Pläne der EnBW, auf dem derzeitigen Kohlekraftwerkareal in Walheim eine Anlage zur Klärschlammverwertung zu bauen, werden durchaus mit Sorge betrachtet. Es geht zum einen um Verkehr, Lärm und Schadstoffe, zum anderen aber auch um eine vertane Chance, was die Entwicklung des Geländes betrifft.

Wenn der Gemmrigheimer Rudi Ringwald auf seinem Balkon steht, kann er seinen Blick in die Ferne schweifen lassen. Doch als er an diesem Tag mit seinen Nachbarn Rolf Fischer, Ulrich Schweiker, Sonja Grossmann und dem Walheimer Martin Gerlach dort steht, wird vor allem in eine Richtung geschaut: aufs Walheimer Kohlekraftwerk. Gerlach, der von 1994 bis 2005 Walheimer Bürgermeister war, meint, dass das Kraftwerk für gute drei Jahrzehnte wichtiger Arbeitgeber und Energielieferant war. Doch mittlerweile werde es nur noch als Notreserve vorgehalten und erfülle seinen ursprünglichen Zweck nicht mehr. Optisch sei die Anlage eine große Beeinträchtigung, „die keine Aufgabe mehr erfüllt beziehungsweise nicht mehr groß in Betrieb ist“. Und jetzt? Jetzt solle noch mal so ein Apparat auf das Areal gebaut werden. Gemeint ist die Anlage, in der Klärschlamm aus kommunalen Kläranlagen thermisch behandelt wird – mit der Option, in einigen Jahren eine Anlage zum Phosphorrecycling zu errichten (wir berichteten mehrfach).

Dass die Fünf mit ihren Bedenken hinsichtlich Luft- und Verkehrsbelastung nicht alleine sind, wüssten sie aus vielen Gesprächen. Deswegen wenden sie sich mit ihrem Anliegen an die Öffentlichkeit. „Man muss aufstehen und was tun“, sagt Ringwald. Und dabei geht es ihnen nicht darum, nur einfach dagegen zu sein. Vielmehr möchten sie zeigen, was auf dem Areal möglich sein könnte. Auch hierfür dient Ringwalds Balkon, denn von dort aus ist das Gemmrigheimer Neubaugebiet Neckarlust zu sehen. Ein gutes Beispiel, wie ein einstiges Firmengelände sinnvoll aufgewertet werden kann, finden sie. Denn grundsätzlich geht es beim Kohlekraftwerk um die Frage: „Will ich das als Entsorgungsstandort etablieren oder lieber eine hochwertigere Nutzung?“, meint Gerlach. Damals, 1998, habe der Walheimer Gemeinderat eine Veränderungssperre für das Areal erlassen mit der Absicht, „dass nach der Kraftwerksnutzung eine andere gewerbliche Nutzung hin soll“. Heute wäre seiner Vorstellung nach ein Mischgebiet sinnvoll – mit Wohnungen, Einkaufsmöglichkeiten und Gewerbe. Rudi Ringwald kommt auf die sensible Lage im Neckartal zu sprechen und das Ansinnen des Gemeindeverwaltungsverbands Besigheim, dass Industrieanlagen in Tallage möglichst nicht vorangetrieben werden sollten.

Ihnen geht es darum, den wertvollen Lebens- und Wohnraum zu erhalten und bei den Menschen ein Bewusstsein dafür zu schaffen. „Wir wollen über den Erhalt der Kulturlandschaft diskutieren.“ Ihre Hoffnung: Wenn die Klärschlammverwertungsanlage nicht dem Willen der Menschen vor Ort entspreche, dann werde die EnBW von ihren Plänen absehen.

Fischer und Schweiker reden über die Schadstoffe und den zusätzlichen Verkehr, den eine neue Anlage mit sich bringen würde. Gab es eine tiefgreifende Standortuntersuchung in einem größeren Umfeld? Wie die EnBW auf Nachfrage mitteilt, seien nur Kraftwerksliegenschaften der EnBW untersucht worden. „Denn diese erfüllen in der Regel bereits die infrastrukturellen und logistischen Voraussetzungen, um dort eine Klärschlammverwertungsanlage betreiben zu können.“ Dabei spiele auch die soziale Verantwortung der Belegschaft gegenüber eine Rolle.

Eine weitere Sorge: Wird die geplante Anlage im Laufe der Jahre immer größer? Ulrich Schweiker sagt, so sei es beim Kohlekraftwerk auch gewesen. Die EnBW teilt mit, dass die Anlage auf die regional anfallenden kommunalen Klärschlämme ausgelegt sei. „Darüber hinausgehend Klärschlämme zu verwerten, ist nicht beabsichtigt.“ Daher sei auch kein Ausbau der geplanten Monoverbrennungsanlage vorgesehen. Die Anlage werde nur über ein vergleichsweise kleines Aschesilo verfügen, das aus logistischen Gründen erforderlich sei. Eine Zwischenspeicherung der Aschen auf dem Betriebsgelände, bis eine Phosphorrecyclinganlage zur Verfügung steht, sei nicht geplant: Die Asche werde zur sogenannten Schachtverwahrung in ehemaligen Bergwerken verwendet.