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Wohnen
Vermittlung statt teurer Neubauten

Wollen als Vermittler zwischen Wohnungssuchenden und Anbietern fungieren: Gerlingens Beigeordnete Martina Koch-Haßdenteufel (links) und ihre Kollegin Gabriella Loreck. Die Stadt ist seit Monatsbeginn beim landesweiten Programm „Raumteiler“ dabei. Fot
Wollen als Vermittler zwischen Wohnungssuchenden und Anbietern fungieren: Gerlingens Beigeordnete Martina Koch-Haßdenteufel (links) und ihre Kollegin Gabriella Loreck. Die Stadt ist seit Monatsbeginn beim landesweiten Programm „Raumteiler“ dabei. Fot
Die Stadt Gerlingen sucht Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen. Eine neue Mitarbeiterin soll nun leerstehende Immobilien ausfindig machen und Überzeugungsarbeit bei potenziellen Vermietern leisten.

GERLINGEN. Bauen ist bekanntlich teuer im Großraum Stuttgart, die Mietkosten sind in den vergangenen Jahren explodiert. Für viele Menschen mit geringem Einkommen ist es unerschwinglich und faktisch auch aussichtslos, eine Wohnung auf dem freien Markt zu finden. Auf der anderen Seite gibt es nach Einschätzung der Stadtverwaltung viele Gerlinger, die gerne leerstehenden Wohnraum vermieten würden. Auch an Menschen mit geringem Einkommen, Alleinerziehende, Hartz-IV-Empfänger oder Flüchtlinge. Beispielsweise ältere Menschen, die in eine barrierefreie Seniorenresidenz oder in ein Pflegeheim ziehen, aber unsicher sind, ob sie ihr Haus vermieten sollen.

An diesem Punkt kommt die Verwaltung ins Spiel. Seit Anfang Februar arbeitet die neue Mitarbeiterin Gabriella Loreck im Rathaus. Die 30-Jährige soll leerstehende Wohnungen ausfindig machen und Überzeugungsarbeit bei potenziellen Vermietern leisten. Die Stadt tritt dabei lediglich als Vermittlerin auf, nicht als Vermieterin.

Im vergangenen Jahr seien schon eine Handvoll entsprechender Anfragen bei der Verwaltung eingegangen, sagt Stefan Fritzsche, der den Fachbereich Jugend, Familie und Senioren leitet. „Wir wollen diesen potenziellen Vermietern helfen, indem wir die Fakten abklären, den Zustand der Wohnung feststellen und Empfehlungen zur angemessenen Miethöhe geben.“

Eingebunden ist dieses Angebot in das von Städtetag und Land Baden-Württemberg initiierte Projekt „Raumteiler“, an dem sich bislang 16 Kommunen im Südwesten beteiligen. Diese Plattform bietet die Möglichkeit zum Austausch, stellt Werbematerial zur Verfügung, unterstützt bei Vor-Ort-Terminen.

Zudem schult „Raumteiler“ Ehrenamtliche, die vor Ort eingebunden werden. Schließlich will die Stadt Gerlingen den Vermietern geeignete Mieter vorschlagen. Da können beispielsweise Mitglieder des Arbeitskreises Asyl wichtige Unterstützung leisten, denn sie kennen viele Asylbewerber persönlich. Koordinatorin Loreck soll das Projekt auch Vereinen und dem Eigentümerverband Haus und Grund vorstellen.

Amtsleiter Fritzsche ist zuversichtlich, dass diese Bemühungen auf fruchtbaren Boden fallen werden. Die Mietzahlungen etwa seien bei Wohngeldempfängern garantiert. Und auf ältere Menschen könne sich eine Familie im eigenen Haus auch belebend auswirken. „Da kann man sich gegenseitig unterstützen, zum Beispiel beim Kochen oder beim Einkaufen.“ Viele Leute seien einfach unsicher, sagt Fritzsche, verzichteten wegen des Aufwands lieber auf Mieteinnahmen. „Wir wollen ihnen diese Unsicherheit nehmen, indem wir sie begleiten.“

Nicht zuletzt trage das Projekt dazu bei, Flüchtlinge oder Menschen mit geringem Einkommen nicht in zentralen Sammelunterkünften, sondern dezentral im gesamten Stadtgebiet unterzubringen. Ein neues Gebäude für drei oder vier Familien koste etwa eine Million Euro. Deshalb sei das Projekt nicht nur unter sozialen, sondern auch unter finanziellen Gesichtspunkten interessant. „Wir wollen vorhandenen Wohnraum aktivieren, um Investitionen zu sparen“, so Fritzsche.

Natürlich basiere das Konzept auf Freiwilligkeit, betont die Beigeordnete Martina Koch-Haßdenteufel. Kein Vermieter werde gedrängt oder gar gezwungen, seine Immobilie zu vermieten. Auch die Beigeordnete ist zuversichtlich, dass die Kommune mit ihrer Kampagne zusätzlichen Wohnraum vermitteln kann. „Es gibt in Gerlingen potenzielle Vermieter, die das soziale Miteinander fördern wollen. Jetzt brauchen wir, möglichst gleich am Anfang, positive Beispiele, die Mut machen.“