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Mobilität
Stadt will BRT-Busse bis 2020

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Ein BRT-Bus fährt in Straßburg (Bild) nicht immer auf einer eigenen Trasse. Dafür ist er holpriger unterwegs als in Metz, wo für 200 Millionen Euro neue Spuren gebaut worden sind. Ob es technisch möglich ist, wie in Ludwigsburg geplant, später Schienen darauf zu verlegen, ist offen. Foto: privat
OB geht auf Distanz zur Stadtbahn – Vorerst kein Richtspruch vom Land – Förderung vom Bund in Aussicht

Ludwigsburg. Angesichts der drohenden Klage gegen die Städte mit erhöhten Stickoxidwerten besteht Handlungsbedarf. Die Stadt hat sich gestern mit Vertretern von Bund und Land getroffen, darunter auch der Sonderbeauftragte des Bundes für das Sofortprogramm „Saubere Luft“. Das Gespräch, an dem auch die Fraktionschefs des Ludwigsburger Gemeinderats beteiligt waren, dauerte zwei Stunden.

Bei der anschließenden Pressekonferenz machte der Vertreter des Landes deutlich, dass man jetzt rasch auf die Klage reagieren werde – und dafür zunächst kurzfristige Maßnahmen aufliste. Dazu zählen bessere Ampelschaltungen für den Verkehrsfluss oder eigene Busspuren. Ziel sei, Fahrverbote zu vermeiden.

Länger dauern wird es mit neuen E-Bussen für den Stadtverkehr, ebenso mit einem BRT-Bussystem (Bus Rapid Transit), auf das die Stadt Ludwigsburg setzt. Ein System, das zur Doppelstrategie gehört. Die Stadt sieht darin die ideale Lösung, um den Nahverkehr zeitnah auszubauen. Mit Trassen, die später vielleicht auch eine Stadtbahn nutzen kann. In der Stadt Metz haben die Trassen 200 Millionen Euro gekostet, für Ludwigsburg wird dies nach Informationen unserer Zeitung vorerst auf 60 Millionen geschätzt.

„Wir sehen das ergänzend zur Stadtbahn“, sagte OB Werner Spec, ließ aber durchblicken, dass auf das BRT-System für ihn eine Stadtbahn nicht zwingend folgt. „Der Nutzer will ein leistungsfähiges System, da ist es egal, ob das auf Schienen passiert oder nicht.“

Doppelstrategie als Kann-Abmachung

Die Doppelstrategie besagt für den OB, dass beide Planungen vorangetrieben werden. Die Stadt wolle jetzt mit den BRT-Bussen beginnen, eine Stadtbahn komme erst in zehn bis 15 Jahren. Wenn die BRT-Busse, innen ähnlich ausgestattet wie eine Stadtbahn, genauso gut angenommen würden wie diese, dann sei es fraglich, ob diese noch sinnvoll ist, bekannte Spec. Die Doppelstrategie ist für ihn ein Kann für die Schiene, kein Muss. Sollte der Kosten-Nutzen-Faktor entsprechend sein, stehe einer Stadtbahn aber nichts im Wege.

Doch gehört die Stadtbahn nicht zwingend dazu? „Da legen Sie den Finger in die Wunde“, räumte Uwe Lahl, zweiter Mann hinter Baden-Württembergs Verkehrsminister Herrmann, ein. Nicht nur bei den Fraktionen der Grünen und der SPD in Ludwigsburg wird diese Frage gestellt, die sich nach wie vor nicht für die BRT-Lösung begeistern können und die Doppelstrategie als klares Bekenntnis zur Stadtbahn sehen. Auch Lahl sieht noch Klärungsbedarf. „Es ist noch nicht klar, welches der Systeme die Hürden nimmt“, sagte er. Das Land unterstütze zwar das BRT-Projekt, will aber auch eine entsprechende Wirkung sehen. Im Stau stehen dürfe der Bus nicht. „Spätestens, wenn das Land seinen Antrag an den Bund weiterreicht, muss die Frage geklärt sein, ob beides zusammenpasst.“

Das Land will Ludwigsburgs OB aber nicht ausbremsen, Lahl lobt das Engagement und die Risikobereitschaft der Stadt. Man müsse dennoch aufpassen, dass das BRT-System nicht die Stadtbahn kannibalisiere, sagte er. Momentan laufen zwei Verfahren – die für die Stadtbahn und die für die BRT-Trassen – parallel. „Man muss sich irgendwann entscheiden“, so Lahl. Das Land hat also ein wichtiges Wörtchen mitzureden, spätestens in ein paar Jahren muss klar Schiff gemacht werden.

Entscheidend ist für Lahl auch, dass Straßenraum für den BRT ebenso wie für eine Stadtbahn zur Verfügung gestellt werden muss, sprich: Es müssen Parkplätze und Fahrspuren für eine Busbeschleunigung geopfert werden. Dabei machte Lahl auch deutlich, dass er das ehrgeizige Ziel des OB, bis 2020 ein Bussystem mit den jeweiligen Trassen aufzubauen, anzweifelt. „Wir haben um eine Kiste Mineralwasser gewettet, ob das klappt“, scherzte er.

OB Spec kann den Disput um die Stadtbahn nicht nachvollziehen und kritisiert Medien, die angeblich einseitig gegen die BRT-Busse berichten, und die Fraktionen von SPD und Grünen. Für ihn ist es entscheidend, dass schnell etwas passiert, auch um angemessen auf die Klage der Umwelthilfe zu reagieren. Die Reaktivierung der Markgröninger Bahnstrecke, der BRT-Bus, ein Fahrradparkhaus und bessere Verkehrslenkung mittels digitaler Systeme sind für ihn ein Mittel dazu, die Schadstoffbelastung zu verringern. Wie berichtet, hat die Stadt dazu Förderanträge gestellt, um auch vom Sofortprogramm des Bundes „Saubere Luft“ zu profitieren.

„Einige Millionen“ für Ludwigsburg

Geld hat der neue Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums noch nicht mitgebracht. Angesichts der vielen Förderanträge, die die von Fahrverboten betroffene Städte eingereicht haben, dauere es noch, so Steffen Bilger beim Pressegespräch. In ein paar Wochen werde es aber so weit sein. Er zeigte sich zuversichtlich, dass dann Ludwigsburg berücksichtigt wird und „einige Millionen“ abbekommt. Bilger geht auch davon aus, dass das Bundesprogramm, ausgestattet mit bisher einer Milliarde Euro, fortgesetzt wird.

Der Sonderbeauftragte des Bundes zeigte sich begeistert von dem BRT-Bussystem. „Das wäre absolut innovativ“, schwärmte Balleis geradezu. In Erlangen, wo er früher OB war, hätte er sofort zugegriffen, hätte er das BRT-System gekannt, sagte er. Ludwigsburg habe die Möglichkeit, die Verkehrsgeschichte neu zu schreiben. Grund für diese Einschätzung ist, dass erstmals ein Bussystem vom Bund gefördert werden könnte. Die „schienenlose Stadtbahn“, wie sie OB Spec gerne nennt, wird möglicherweise förderfähig – und zwar zu dem beim Bund höheren Satz von bis zu 80 Prozent aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG). Eine Förderung, wie sie auch für eine Stadtbahn möglich ist.

Entscheidend ist, so der Sonderbeauftragte des Bundes Balleis, dass vor Ort schnell ein Konsens erzielt wird.