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Krankenhaus
Corona-Leugner filmt Covid-Station

Ein Unbekannter ist in eine Covid-19-Station des Ludwigsburger Krankenhauses eingedrungen und hat die leeren Zimmer gefilmt. Archivfoto: Werner Kunhle
Ein Unbekannter ist in eine Covid-19-Station des Ludwigsburger Krankenhauses eingedrungen und hat die leeren Zimmer gefilmt. Foto: Werner Kunhle
Unbekannter verschafft sich Zugang zu leerem Krankentrakt – Video macht im Internet die Runde – Verhalten verurteilt

Erst ist die Tür zu einer Station im Ludwigsburger Krankenhaus zu sehen. Wie zum Hohn filmt der Unbekannte sogar das Schild, das Unbefugten den Zutritt untersagt. Die Tür wird geöffnet, dann geht es – offenbar mit einer Handykamera – durch die Station. Der Filmer ist nicht gehetzt, aber er trödelt auch nicht. Nach und nach betritt er praktisch jedes der Krankenzimmer des Trakts. Die Türen sind alle geöffnet. In den Zimmern gibt es nicht viel zu sehen. Betten sind keine da und weit und breit sind auch keine Patienten zu sehen.

Ganz zum Schluss bietet das Video auch noch einen kurzen, verwackelten Blick in das Gesicht des Filmers. Er trägt einen Mundschutz. Es scheint ein eher jüngerer Mann zu sein.

Die Botschaft, die diese knapp zweiminütige Aufnahme, die seit einigen Tagen auf verschiedenen Plattformen im Internet kursiert, transportieren soll, ist klar: Corona – gibt es nicht oder ist halb so schlimm, denn die Covid-19-Station im Ludwigsburger Krankenhaus ist leer. Es gibt keine schwer erkrankten Patienten, also kann das mit dem Virus alles gar nicht so gefährlich sein.

Die Presseabteilung des Ludwigsburger Krankenhauses hat am gestrigen Dienstag die Echtheit der Aufnahmen bestätigt. Die Bilder zeigen tatsächlich eine Covid-19-Station des Krankenhauses, die im Moment leer steht.

Die leeren Zimmer sind für das Krankenhaus ein positives Signal

Der Unbekannte habe sich Zugang zu dem nicht abgeschlossenen Trakt verschafft und dort gefilmt. „Diese Station war während der ersten Infektionswelle eine Station für Covid-19-Patienten. Entsprechend der Vorgaben von Bund und Ländern sind Krankenhäuser nach der ersten Covid-19-Infektionswelle nicht wieder zu einer vollen Belegung zurückgekehrt, denn sie sollen schnellstmöglich wieder reagieren und Patienten aufnehmen können“, sagt Alexander Tsongas, der Pressesprecher der Regionalen Kliniken-Holding (RKH). Momentan sei das Krankenhaus in Erwartung einer zweiten Welle nur zu 75 bis 80 Prozent belegt.

Ganz im Gegensatz zur Intention des Filmers haben die Aufnahmen für Tsongas daher auch eine ganz andere Botschaft: Sie zeigen „sehr eindringlich, dass die RKH-Kliniken gut vorbereitet sind und die Bevölkerung im Landkreis Ludwigsburg sicher sein kann, dass auch bei einer zweiten Welle Covid-19-Patienten wieder adäquat beatmet und behandelt werden“.

Das Krankenhaus hat keine Ahnung und keinen Verdacht, wer die Aufnahme gemacht haben könnte. „Der Filmemacher ist durch einen Mund-Nasen-Schutz nicht eindeutig zu erkennen.“ Man wisse auch nicht, ob der Mann im Krankenhaus arbeitet oder von außerhalb gekommen ist.

Klar sei auf jeden Fall, dass diese Filmaufnahmen nicht rechtens sind. Der Unbekannte habe sich unbefugten Zutritt verschafft und entgegen der Hausordnung Filmaufnahmen gemacht. Da der Mann nicht zu erkennen ist, könnten rechtliche Schritte oder eine Anzeige aber nur gegen einen Unbekannten eingeleitet beziehungsweise gestellt werden. Da das keine Aussicht auf Erfolg habe, sehe das Krankenhaus momentan noch davon ab.

Über 160 Todesfälle und 1000

Patienten bei der ersten Welle

Trotzdem ärgert man sich im Klinikum gewaltig über das Video. „Die Aufnahmen der leeren Station werden dazu missbraucht, die Bedeutung einer Covid-19-Infektion zu verharmlosen. Das Klinikum Ludwigsburg war eines der Hotspot-Krankenhäuser in Baden-Württemberg während der ersten Infektionswelle. In den RKH-Kliniken wurden insgesamt über 1000 Coronapatienten stationär behandelt. Davon sind rund 160 gestorben und es wurden phasenweise fast 100 Patienten gleichzeitig behandelt“, erinnert Tsongas an die harten Wochen im Frühjahr, an die sich manch anderer offenbar nicht mehr entsinnen kann oder will.

Mitarbeiter unterschiedlicher Abteilungen sowie der Betriebsrat hätten schon auf das Video reagiert und ein solches Verhalten verurteilt. Laut Tsongas wurde der Film zuerst auf der Plattform Facebook hochgeladen. Das Unternehmen wurde zur Löschung aufgefordert, allerdings sei bisher nichts passiert. Das Video wurde mehrfach auf unterschiedlichen Accounts veröffentlicht, meist im Umfeld von Corona-Leugnern. Dementsprechend lauten auch die Kommentare zu dem Video. Auf der Videoplattform Youtube wurde die Aufnahme dagegen mittlerweile offenbar erfolgreich gelöscht. Das Krankenhaus glaubt aber nicht daran, dass sich die Bilder wieder komplett aus dem Internet entfernen lassen. „Inzwischen hat sich der Film über verschiedene Netzwerke viral verbreitet. Diese Verbreitung ist leider nicht mehr rückgängig zu machen.“