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Rechtsstreit
Demokratisches Zentrum in Ludwigsburg verklagt Finanzamt

Das Demokratische Zentrum liegt in einem Hinterhaus in der Wilhelmstraße. Archivfoto: B. Stollenberg
Das Demokratische Zentrum liegt in einem Hinterhaus in der Wilhelmstraße. Foto: B. Stollenberg
Das Demokratische Zentrum Ludwigsburg hat am heutigen Mittwoch vor dem Finanzgericht Stuttgart Klage gegen den Entzug seiner Gemeinnützigkeit eingereicht. Ziel der Klage sei es, mehr Rechtssicherheit für gemeinnützige Vereine zu schaffen, die in der politischen Bildung aktiv sind.

Ludwigsburg. „Das Finanzamt hat ein viel zu enges Verständnis von politischer Bildung und Demokratieförderung. Selbstverständlich darf in einem Kulturzentrum auch eine kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Themen stattfinden“, sagt Sarah Lincoln, Juristin und Verfahrenskoordinatorin bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die das Demokratische Zentrum bei der Klage unterstützt. Eine lebendige Demokratie brauche solche Begegnungsorte, an denen sich Menschen einbringen und auch eine politische Haltung zeigen könnten, so die Juristin laut einer Pressemitteilung des Demokratischen Zentrums (DemoZ).

Seit über zwei Jahren warten auf Entscheidung

Dem DemoZ war bereits im Oktober 2019 vom Finanzamt Ludwigsburg die Gemeinnützigkeit entzogen worden. Das Finanzamt wirft dem Verein mangelnde Offenheit in der politischen Bildungsarbeit vor. Kurzum: Der Behörde stehen das Zentrum und seine Angebote zu weit links. Anlass hierfür waren kapitalismuskritische Veranstaltungen des Vereins. Das DemoZ legte damals umgehend Einspruch gegen den Entzug der Gemeinnützigkeit ein, wartet aber bis heute (seit über zwei Jahren) auf eine Entscheidung des Ludwigsburger Finanzamts.

Schwierige finanzielle Situation

„Die seit Jahren andauernde Ungewissheit über den Steuerstatus ist eine große Belastung, da wir nicht wissen, wie wir uns in Zukunft finanzieren sollen“, sagt Yvonne Kratz, Vorstandsmitglied des DemoZ. „Bereits jetzt sind aufgrund der fehlenden Gemeinnützigkeit viele staatliche Förderungen weggefallen und auch ein en erheblichen Teil der Coronahilfen konnten wir wegen des unsicheren Steuerstatus‘ nicht abrufen.“ Nur durch die große Solidarität lokaler Unterstützer habe die Arbeit weiterfinanziert werden können.

Auch andere Organisationen betroffen

Auch die Bürgerbewegung Campact unterstütze die Arbeit des soziokulturellen Zentrums Ludwigsburg mit einer Förderung von 20000 Euro für die Prozesskosten und die Arbeit des Vereins. Unter anderem wolle Campact damit die Finanzierung des jährlichen „Mut gegen Rechts“-Festivals in Ludwigsburg sichern.

Campact hatte im Oktober 2019 selbst die Gemeinnützigkeit verloren. Wie im Fall des DemoZ verwiesen die Finanzbehörden auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zu Attac. Der Bundesfinanzhof hatte 2019 die Einschätzung der Finanzbehörden bestätigt, dass Attac wegen „allgemeinpolitischer Tätigkeit“ nicht gemeinnützig im steuerrechtlichen Sinne sei.

Das selbstverwaltete DemoZ ist seit 40 Jahren ein sozialer Treffpunkt in Ludwigsburg und bietet ein vielfältiges und meist kostenloses Kultur und Bildungsprogramm an. Dazu zählen Theateraufführungen, Zeichenkurse und bildungspolitische Veranstaltungen.