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Betriebsrat
Dicke Luft unterm Dach der VR-Bank Ludwigsburg

Zwischen dem Vorstand und Teilen des Betriebsrates der VR-Bank Ludwigsburg rumort es. Foto: Ramona Theiss
Zwischen dem Vorstand und Teilen des Betriebsrates der VR-Bank Ludwigsburg rumort es. Foto: Ramona Theiss
Kaum ist der langwierige Rechtsstreit mit dem früheren Vorstandsvorsitzenden der Volksbank Ludwigsburg vom Tisch, steht der fusionierten VR-Bank Ludwigsburg neuer Ärger ins Haus. Diesmal mit der Betriebsrätin Andrea Widzinski, die vor dem Arbeitsgericht gegen den Vorstand klagt. Womöglich einer der Gründe, warum sie gestern auch als Vorsitzende des Betriebsrates abberufen wurde.

Ludwigsburg.. Die vergangenen Wochen haben die 58-jährige Andrea Widzinski leidvoll an eine Zeit vor 15 Jahren erinnert. Damals gab es einen schweren Konflikt mit dem damaligen Vorstand, der die Betriebsratsvorsitzende mit Hilfe eines Anwalts kündigen wollte. Angeblich wegen falsch abgerechneten Spesen. Monatelang wurde der Streit öffentlich ausgetragen, der erst mit Hilfe eines Mediatoren-Teams ein Ende findet. Die Vorwürfe gegen Widzinski wurden fallengelassen, sie wurde rehabilitiert. Und bei der später stattfindenden Betriebsratswahl ist die standhafte Arbeitnehmervertreterin unter großem Vertrauensbeweis wiedergewählt worden.

Auch in diesem Frühjahr erhielt Andrea Widzinski bei der fusionierten VR-Bank Ludwigsburg, die vergangenes Jahr aus dem Zusammenschluss der Volksbank Ludwigsburg, der VR-Bank Asperg-Markgröningen und der VR-Bank Neckar-Enz (Bönnigheim) hervorging, von den Bankmitarbeitern das Vertrauen, wurde in den Betriebsrat gewählt und am 11. März bei der konstituierenden Sitzung erneut zur Vorsitzende bestimmt. So wie sie es auch schon im Gesamtbetriebsrat während der Fusionsphase der drei Banken war.

Ohne Begründung abberufen

Doch am Mittwochvormittag wurde Andrea Widzinski, nach 25 Jahren als Betriebsratsvorsitzende (zuvor bei der Volksbank Ludwigsburg), bei einer Betriebsratssitzung auf Antrag aus dem 13-köpfigen Gremium vom Vorsitz abberufen. Ohne eine Begründung. „Wir brauchen keinen Grund anzugeben“, habe sie lapidar als Antwort von den Antragstellern im Gremium bekommen, schilderte Widzinski im Gespräch mit unserer Zeitung die Situation in der Sitzung. Aus ihrer Sicht hatten sie einen Auftrag zu erfüllen, und „sie wollten auch nicht diskutieren“. Von den fünf Mitgliedern der früheren Volksbank Ludwigsburg sieht sich Widzinski unterstützt, aber aus den Reihen der vier Arbeitnehmervertreter der früheren VR-Bank Asperg-Markgröningen und den vier von der VR-Bank Neckar-Enz eher nicht. Dabei hatte der Gesamtbetriebsrat während der Fusionsphase gut zusammengearbeitet, sagte Widzinski.

Letztlich habe sie die Abberufung am Schluss dann doch nicht mehr überrascht, nachdem, was sich in den vergangenen Wochen unter dem Dach der VR-Bank Ludwigsburg abgespielt habe. Sowohl Widzinski als auch Frank Hawl, Gewerkschaftssekretär bei Verdi-Bezirk Stuttgart, der sich vermittelnd eingeschaltet und eine Neuwahl vorgeschlagen hatte, machten keinen Hehl daraus, dass sie den Vorstand hinter der Aktion vermuten und der Druck auf Betriebsräte ausgeübt haben soll. Allen voran Vorstandschef Timm Häberle.

Gehalt einfach gekürzt

Widzinski, die eine von zwei freigestellten Betriebsräten ist, sieht den eigentlichen Auslöser des Konflikts im vergangenen April. Da sei ihr ohne Rücksprache das Gehalt gekürzt worden, mit der Begründung, sie sei falsch eingruppiert, obwohl dies bereits seit vielen Jahren so der Fall ist, und mit den früheren Vorständen so festgelegt wurde. Diese Kürzung wollte sie natürlich nicht hinnehmen und klagt inzwischen vor dem Arbeitsgericht Ludwigsburg. Ein Gütetermin, der am Mittwoch hätte stattfinden sollen, wurde wegen der Betriebsratssitzung verschoben.

Doch das ist nicht der einzige Vorfall im Konflikt mit dem Vorstand. Wegen einer vermeintlichen falschen Krankmeldung erhielt sie eine Abmahnung. Und weil sie einmal auf einem Kundenparkplatz stand, sei ihr für den Wiederholungsfall mit personellen Konsequenzen gedroht worden. Diese Vorwürfe und das einschüchternde Vorgehen erinnerten sie an die heftige Auseinandersetzung vor 15 Jahren mit dem damaligen Vorstand, als man versuchte, sie zu kündigen, so Widzinski.

Konflikt mit Vorstand war Thema

Der aktuelle Konflikt war in den vergangenen Wochen auch in Betriebsratssitzungen Thema, weshalb nach Darstellung von Widzinski die beiden Stellvertreter sich an Vorstandschef Timm Häberle wandten mit der Bitte, er möge doch die Betriebsratsvorsitzende in Ruhe lassen. Stattdessen habe es laut Widzinski ein Gespräch mit mindestens zwei Betriebsräten gegeben, „von denen ich weiß“, sagt Widzinski. Und plötzlich stand ein Antrag auf ihre Abberufung als Vorsitzende im Raum. „Es halt hat nicht jeder Rückgrat“, sagte Widzinski gestern dazu. Und: „Herr Häberle mag halt keinen Widerspruch.“ Vom Vorstand der Bank war gestern zu dem Vorfall und der arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung auf schriftliche Anfrage keine Stellungnahme zu erhalten.

Bei einer außerordentlichen Betriebsratssitzung am vergangenen Montag hätten sich die Antragsteller nicht umstimmen lassen und hätten auch nicht dargelegt, warum Widzinski vom Vorsitz abberufen werden sollte. Den Vorschlag einer Neuwahl von Hawl hätten sie ebenfalls abgelehnt. „Der Vorstand will Einfluss auf den Betriebsrat nehmen“, sagte Hawl am Mittwoch zum Vorgehen der Führung. In einem Flugblatt an die Belegschaft hatte Verdi auch die Mitarbeiter über den Vorfall informiert.

Widzinski, die seit vielen Jahren auch ehrenamtliche Richterin beim Arbeitsgericht ist, zuletzt beim Landesarbeitsgericht Stuttgart, wird weiter ihrer Arbeit als freigestellte Betriebsrätin nachgehen. Und schauen, was noch auf sie zukommt: „Ich habe mir in 25 Jahren als Betriebsratsvorsitzende ein sehr dickes Fell zugelegt“, gibt sie sich kämpferisch. Allerdings befürchtet sie, dass nun die Betriebsratsarbeit aufgrund der Mehrheitsverhältnisse schwieriger wird, auch weil der Vorstand einen Keil in das Arbeitnehmergremium treibe.