Ludwigsburg. Unaufhaltsam bewegt sich der Inzidenzwert im Kreis Ludwigsburg auf die Grenze von 100 zu. Zwar ging er gestern, nach dem Wochenende, wieder leicht zurück, es dürfte allerdings nur eine Frage von wenigen Tagen sein, bis er sich über 100 festsetzt. Und was dann? Vieles spricht dafür, dass die Geschäfte in der Stadt dann nach den kurzen Lockerungen schon wieder schließen müssen und ein harter Lockdown unbekannter Dauer folgt.
„So kann es nicht weitergehen“, ist der Vorsitzende des CDU-Stadtverbands Maik Stefan Braumann überzeugt. „Wir wollen Ludwigsburg eine Perspektive geben.“ Seine Partei hat daher jetzt einen ungewöhnlichen Vorstoß gewagt, der nächste Woche mit einem Antrag in den Gemeinderat eingebracht werden soll: Nach Tübinger Vorbild soll sich Ludwigsburg darum bemühen, zu einer Corona-Teststadt zu werden. Das heißt: Für getestete Personen soll das gesellschaftliche Leben mit Einkaufen, Restaurants, Theater, Kinos, Schwimmbädern und Sporteinrichtungen wieder möglich sein – auch bei steigender Inzidenz.
Laut Braumann wisse niemand, wie lange die Krise noch andauere. Alle Hoffnungsschimmer, sei es die Corona-App oder die Impfstrategie, hätten sich bislang als Enttäuschungen entpuppt. Weder die Kultureinrichtungen noch die Geschäfte hätten momentan eine Perspektive, mit der sie kalkulieren könnten. „Wir wollen dieses ständige Auf und Ab durchbrechen.“
Die Ludwigsburger CDU fordert vom Land, dass auch in den anderen drei Regierungsbezirken – neben Tübingen – Modellversuche in Städten gestartet werden, in denen wissenschaftlich begleitet Daten zum Infektionsgeschehen gesammelt werden. „So könnte für den Regierungsbezirk Stuttgart die Stadt Ludwigsburg als Modellstadt fungieren, da sie von der Einwohnerzahl mit Tübingen vergleichbar ist. Des Weiteren ist der Branchenmix beider Städte ähnlich“, heißt es in einer Mitteilung des Stadtverbands von gestern. Die Stadt müsste dafür jederzeit zugängliche Teststellen schaffen und einen entsprechenden Ausweis – „Tagesticket“ – für negativ Getestete ausgeben.
Durch die Schnelltests könne ausgeschlossen werden, dass sich das Virus trotz geöffneter Einrichtungen weiter verbreitet. Zusätzlich würde man dadurch noch den einen oder anderen Infizierten ausfindig machen, ergänzt Peter Schmid, der stellvertretende Vorsitzende des Stadtverbands.
Das Ludwigsburger Krankenhaus könnte den Modellversuch medizinisch-wissenschaftlich begleiten. Mit dem Versuch soll auch geklärt werden, welche Einrichtungen in einer Pandemie, bei Einhaltung von Tests und anderen Sicherheitsvorkehrungen, geöffnet bleiben können. Dies sei auch für die Zukunft und weitere globale Epidemien eine wichtige Erkenntnis, so die CDU.
„Das ‚Ludwigsburger Modell‘ würde dann entsprechend dem ‚Tübinger Modell‘ Forschungsergebnisse zur Verbreitung des Infektionsgeschehens liefern und Hinweise geben, wie künftig mit dem Coronavirus gelebt werden kann, ohne ständige Lockdowns vieler Branchen und öffentlicher Einrichtungen“, heißt es in der Mitteilung.
Für die Schulen und Kitas schlägt die Partei allerdings eine vorsichtigere Herangehensweise vor. Die Reihentests dort seien ein richtiger Schritt, bei einem erneuten Lockdown sollten Schulen und Kitas aber geschlossen werden, „da hier erwiesenermaßen schwere Infektionsausbrüche stattfinden“.
Die CDU verlässt sich bei diesem Vorstoß auch auf die vielen Rückmeldungen, die sie in den vergangenen Wochen von Betrieben, Geschäften und Kultureinrichtungen aus Ludwigsburg erhalten habe. Viele hätten gute Sicherheits- und Hygienekonzepte erstellt, teilweise durch hohe Investitionen. Dadurch sei der Aufenthalt in vielen Einrichtungen und Läden auch unter Pandemiebedingungen möglich. Natürlich müsse die Besucherzahl begrenzt bleiben, und es müsse mit Terminen gearbeitet werden.
„Nach über einem Jahr Pandemie muss endlich gehandelt werden. Wertvolle Zeit wurde aufgrund falscher Abwägungen – entgegen dem Rat von Experten – in den Sommermonaten vertan. Das darf sich nicht wiederholen“, schließt die CDU ihren Vorstoß.
Dem Land Baden-Württemberg stünde es gut an, mehrere Modellprojekte „Öffnen mit Sicherheit“ zu etablieren, ist die CDU überzeugt. Und der Stadt Ludwigsburg biete sich damit die Chance, den Menschen wenigstens ein wenig „Normalität und Perspektiven“ zu geben. „Wir wissen nicht, wie lange das alles noch dauert“, sagt Peter Schmid. „Aber das ständige Zuschließen kann nicht unsere einzige Strategie sein.“
