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Zulagenprozess
Neun Monate auf Bewährung für Ex-Rektor

Stand lange im Fokus der Gerichte: die Ludwigsburger Verwaltungshochschule. Archivfoto: dpa
Stand lange im Fokus der Gerichte: die Ludwigsburger Verwaltungshochschule. Foto: dpa
Der Prozess um die falsch vergebenen Zulagen für 13 Professoren der Ludwigsburger Verwaltungshochschule ist zu Ende. Am Dienstag wurde Ex-Rektor Walter Maier zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Außerdem muss er 180000 Euro Schadenswiedergutmachung bezahlen.

Ludwigsburg. Gleich zu Beginn des letzten Verhandlungstages gibt es für das Gericht eine Überraschung. Der Angeklagte Walter Maier gibt bekannt, dass er die letzte Woche mit dem Gericht ausgehandelte Schadenswiedergutmachung in Höhe von 180000 Euro – nach Angaben des Gerichts seine kompletten Ersparnisse – bereits an das Land überwiesen hat. Das Gericht nimmt die Mitteilung wohlwollend entgegen. Der Betrag ist zumindest ein Teil Wiedergutmachung für den vom Gericht bezifferten Gesamtschaden in Höhe von 798000 Euro. Da die Zulagen weitergezahlt werden und auch auf die Pension angerechnet werden, erhöht sich dieser Schaden aber immer weiter.

Das Verfahren gegen den Ex-Rektor, seinen früheren Kanzler sowie gegen die 13 Professoren der Ludwigsburger Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen wegen Untreue und wegen Beihilfe zur Untreue hat sich gewaltig in die Länge gezogen. Die Ermittlungen umfassen 65 Aktenordner. Doch jetzt ist Schluss.

Zum Schluss nur noch ein Angeklagter

Die Staatsanwältin formuliert es am Dienstag in deutlichen Worten: Professor Maier habe mit seiner rechtswidrigen Vergabe der Zulagen das Landesgesetz auf den Kopf gestellt. Er habe seine Machtposition ausgenutzt und eine eklatante Pflichtverletzung als akademisches Oberhaupt einer Hochschuleinrichtung begangen. Und er habe bewusst Gesetze eigenmächtig missachtet und damit ein eigenmächtiges Besoldungssystem verfasst: Hinterlassen habe er einen „Scherbenhaufen mit Dynamitstangen!“ Für diese schwere Untreue fordert die Anklägerin elf Monate Haft und eine Bewährungsauflage in Höhe von 24000 Euro, während seine Verteidiger Freispruch beantragen.

Derartige Vorwürfe haben der inzwischen 74 Jahre alt gewordene Ex-Rektor und sein mitangeklagter 68-jähriger Ex-Kanzler schon im ersten Prozess Ende letzten Jahres energisch bestritten. Man habe alles richtig gemacht und sich auf die Auskunft des Landesamts für Besoldung verlassen. Allerdings musste das Landgericht den ersten Prozess wegen Krankheit zwangsweise ruhen lassen. Vor der Wiederauflage hatten die Richter mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Verfahren gegen die 13 Professoren gegen Geldbußen zwischen 20000 und 26000 Euro eingestellt.

Vorwürfe auch gegen Claudia Stöckle

Auch der noch mitangeklagte Ex-Kanzler durfte nach wenigen Prozesstagen der Neuauflage den Gerichtssaal per Verfahrenseinstellung verlassen. Mit ihm einigte sich die Staatsanwältin auf eine Geldbuße von 40000 Euro.

Zuletzt steht also nur noch Walter Maier vor Gericht, der von Dezember 2005 bis Ende November 2011 Rektor der Hochschule war. Auf ihn folgte die nicht minder umstrittene Rektorin Claudia Stöckle, die am Ende sogar abgewählt wurde, wogegen sie sich erfolglos vor Gericht gewehrt hat.

Über die Rolle von Stöckle in der Zulagenaffäre hatte sich das Gericht bereits in der vergangenen Sitzung kritisch geäußert. Stöckle sei zwar auf die unrechtmäßige Zulagenpraxis gestoßen, habe dann aber veranlasst, dass diese weiterbezahlt werden. Dabei hätte sie damals noch die Chance gehabt, die Zulagen zurückzunehmen, womit dem Land ein erheblich geringerer Schaden entstanden wäre. Sie trage damit eine Mitverantwortung, so das Landgericht.

Er verzichtet auf das Schlusswort

Ob Maier die Verurteilung akzeptiert, bleibt offen. Auf sein letztes Wort verzichtet er am Dienstag. Der Richter relativiert im Urteil die Vorwürfe der Anklägerin, indem er dem Angeklagten zwar ein Wissen um die Unrechtmäßigkeit der Zulagen unterstellt, nicht aber ein Wissen um deren Strafbarkeit. Er hätte die rechtswidrigen Zulagen ganz schnell selbst verhindern können, wenn er beim Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) angerufen hätte. Es kursierte zwar das Gerücht, dass das Landesamt die Zulagenpraxis genehmigt habe, das sei aber falsch. Maier hätte das nachprüfen müssen.

Der Richter hält dem Angeklagten außerdem zugute, dass das Verfahren überlang gedauert hat und dass er freiwillig die Schadenswiedergutmachung – wenn auch nur teilweise – in Höhe von 180000 Euro vorgeschlagen und geleistet hat. Für die überlange Verfahrensdauer rechnet die Strafkammer ihm zwei Monate der verhängten neun Monate als bereits vollstreckt an.

Zum Schluss versäumt es der Gerichtsvorsitzende mit einem gewissen Schmunzeln nicht, Professor Maier noch darauf hinzuweisen, dass er keine weiteren Straftaten verüben dürfe, ansonsten würde die Bewährung widerrufen. „Aber wir wissen ja, dass ein Professor Maier keine Straftaten mehr begehen wird.“

Kehrt jetzt Ruhe ein?

Jahrelanger Streit, eine abgewählte Rektorin, ein Untersuchungsausschuss im Landtag, Gerichtsprozesse – es klingt schier unglaublich, in was für einem Strudel die Ludwigsburger Verwaltungshochschule in den vergangenen Jahren versunken ist. Spätestens seit 2014, als der Streit der Professoren mit der Rektorin Claudia Stöckle eskalierte, steht die Hochschule in den Schlagzeilen. Es folgten Ermittlungen zu den falsch vergebenen Zulagen an 13 Professoren unter Stöckles Vorgänger Walter Maier, ein Untersuchungsausschuss mit dem Titel „Zulagen Ludwigsburg“ sowie eine Reihe von Prozessen.

Diese Kapitel sind jetzt abgeschlossen. Stöckle hat vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim vergeblich gegen ihre Entlassung geklagt und Maier ist am Dienstag wegen der falschen Finanzzulagen für die Professoren vor dem Landgericht verurteilt worden.

Kehrt damit jetzt endlich Ruhe an der Kaderschmiede für Beamte ein? Es sieht nicht danach aus. Die rechtswidrigen Zulagen werden weiterhin bezahlt. Nach Auskunft der Verwaltungshochschule ist noch nicht darüber entschieden, ob man nach einem Weg suchen will, die Zahlungen doch noch zu stoppen. Im Hintergrund mischt Ex-Rektorin Claudia Stöckle auf jeden Fall schon wieder kräftig mit. Zwar ist sie laut Gericht mitschuldig, dass die Zulagen nicht zurückgenommen wurden. Laut einem Medienbericht will sie nun aber Beweise präsentieren, dass sie von den Professoren bei ihrer Überprüfung der Extrazahlungen getäuscht worden sei. Ihrem Nachfolger Wolfgang Ernst legt sie nahe, die Zulagen doch noch zu kassieren.

Bis endgültig Ruhe einkehrt, wird es wohl noch länger dauern.