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Effiziente Ladeweile

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Auch schon einmal liegengeblieben? Im leicht spöttischen Unterton des Fragenden ist weder ein platter Reifen noch ein gerissener Keilriemen gemeint, sondern meine Lithium-Ionen-Batterie, Herzstück eines Elektromobils. Nein! Mein Wagen stand bisher immer unter Strom. Und wie ist das im Stau, will die Kollegin wissen? Ein Auto, das steht, frisst kein einziges Watt. Und das, was die Klimaanlage braucht, ist überschaubar. Es lässt sich dank Rekuperation sogar Energie ernten: Das Strompedal nur sanft andrücken und rechtzeitig wieder loslassen, um beim Bremsen die Rückgewinnung zu nutzen – wegen der geringen Geschwindigkeit erhöht sich die Reichweite eher. 

Überhaupt: Mit Köpfchen fahren, hilft weiter. Faktoren wie Fahrweise, Geschwindigkeit, Topografie, Zuladung, Außentemperatur und Nutzungsgrad elektrischer Verbraucher haben Einfluss auf die tatsächliche Reichweite. „Die meisten Faktoren können vom Fahrer beeinflusst und sollten zugunsten maximaler Reichweite stets berücksichtigt werden“, heißt es in der Liste der guten Ratschläge des Herstellers.
Wofür habe ich den Tempomat? Gleichmäßig gefahrene Geschwindigkeit verhilft zu optimaler Reichweiten-Ausbeute, das Navi bietet nicht nur die schnellste, sondern auch die energieeffizienteste Route an. Wenn sich der Verkehr verlangsamt, sofort vom Gaspedal gehen und den Wagen selbstständig mild verzögern und dabei Bremsenergie rekuperieren lassen. Ich gebe zu: Die guten Ratschläge gehen im Alltag schon mal unter. Zumindest bei mir. 15 Kilowattstunden auf 100 Kilometer – so die offizielle Stromverbrauchsangabe des Herstellers Nissan für den Leaf. Ich will’s wissen, klicke mich im Bordcomputer durchs Zahlenwerk des Energieverbrauchs und sehe auf dem Display: Bei inzwischen gefahrenen 3000 Kilometern brauchte ich 17 kWh auf 100 Kilometer. Macht bei 28 Cent die Kilowattstunde etwa sechseinhalb Euro aus. Bei meinem früheren Diesel kamen die 100 Kilometer auf mindestens acht Euro reiner Spritkosten. Weil das E-Mobil Öl & Co. nicht kennt und somit keinen Ölwechsel braucht, senkt das auch die Betriebskosten. Dass der Wagen zudem Kfz-steuerfrei fährt und Städte wie Ludwigsburg außerhalb der Parkhäuser fürs Parken nichts verlangen, lässt das E-Mobil ganz nach des Schwaben Geschmack sein. Die Kosten meiner stärkeren Ladestation daheim lasse ich mal außen vor, ich hätte den Wagen auch an die Haussteckdose hängen können. Geduld zu haben soll bekanntlich eine Tugend sein.
Das E-Mobil ist – weiterer Pluspunkt! – kein Klimakiller wie der Diesel. Meine Kfz-Bilanz: null CO2-Emmissionen, Effizienzklasse A plus. Drückt aber nicht die persönlichen Autokosten, ist eher von allgemeinem Umweltwert. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks wies kürzlich darauf hin, dass die Ziele im Klimaschutz nur zu erreichen seien, „wenn wir die verkehrsbedingten CO2-Emmissionen deutlich senken“. Ein Schlüssel dazu sei die Elektromobilität.
Aber wie sieht die Realität aus? Sie ist zumindest voller Ankündigungen. 15 000 Ladesäulen in ganz Deutschland aufzubauen sei sein Vorschlag, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Nun gehe es darum, eine flächendeckende Ladeinfrastruktur zu schaffen. Von einem Zeitplan las ich allerdings nichts.
Das Herz eines E-Mobilisten ist erfreut, wenn sein Navi viele kleine blaue Kreise mit Stromstecker anzeigt. Zum Beispiel in Stuttgart-Vaihingen auf dem Weg vom und zum Regierungspräsidium. Die Botschaft: Dir sei’s nicht bang, ’s gibt Strom ein Autoleben lang. Überhaupt: Die Landeshauptstadt ist Ladesäulen-Hochburg (aber auch noch ausbaufähig). Ludwigsburg schlug diesen Weg auch ein. Aber sonst? Da hilft nur ein Blick in die Ladestationen-Liste im Navi, auf Internetseiten und auf Smartphones. E-mobil BW GmbH, die Landesagentur für Elektromobilität und Brennstoffzellentechnologie Baden-Württemberg, empfiehlt mir auf meine Anfrage www.lemnet.org öffentliche sowie private Ladestationen. Das Problem: Es gibt keine Gewähr auf Vollständigkeit. Alle Plattformen setzen auf die E-Mobilisten als Ladepunkte-Melder. Als da sonst noch sind die Apps E-Tankstellenfinder und EnBW-Ladesäulen. Beliebt ist auch www.goingelectric.de – eine Webseite, die detailliert Ladesäulen vorstellt, mit Routenplanern kombiniert und sich auch Gedanken darüber macht, wie der Stromtanker die Ladezeit überbrückt, ohne dass es ihm langweilig wird.
„Ladeweile“ heißt die witzige Rubrik und so steht bei der Station Schillerstraße 2 in Ludwigsburg, neben der Hauptstelle der Kreissparkasse: „Mitten im Zentrum einer mittleren Stadt: Kino, Einkaufen, Banken, Hotels, Kneipen, etc.“ Während des Tankens den neuesten Film sehen? Aber wer hat schon zu viel Zeit?
Noch eine Spezialität: Electrify-BW, ein Verein, bietet Sicherheitstraining speziell für Fahrer von Elektroautos auf dem Verkehrsübungsplatz Egelsee in Vaihingen an. Zwecks Reichweiten-Verlängerung. Ist doch etwas.