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Basketball-Bundesliga
„Der Zeitpunkt war ungünstig“

Letzter Einsatz im Ludwigsburger Trikot: Oscar da Silva beim Saison-Opening gegen Crailsheim.Foto: Baumann
Letzter Einsatz im Ludwigsburger Trikot: Oscar da Silva beim Saison-Opening gegen Crailsheim. Foto: Baumann
Spielerwechsel sind Alltag im Basketball. Obwohl Vereinstreue in der Bundesliga eher kleingeschrieben wird, hat bei den MHP-Riesen Ludwigsburg selten ein Wechsel für so viel Empörung gesorgt, wie Oscar da Silvas Abgang nach Berlin. Morgen kehrt er mit dem deutschen Meister in die MHP-Arena zurück. Mit unserer Zeitung hat der 23-Jährige über seine Beweggründe gesprochen.

Ludwigsburg. Der Ärger über den Abgang von Oscar da Silva ist noch nicht vollständig verflogen, da kehrt der Basketballer schon wieder in die MHP-Arena zurück. Am Sonntag-Abend um 18 Uhr läuft der Bundesliga-Spieler mit seinem neuen Verein Alba Berlin beim Duell mit den MHP-Riesen Ludwigsburg auf. „Ich glaube schon, dass der ein oder andere Buhruf auf mich zukommen wird. Aber das halte ich aus“, sagte 23-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung zu seinem umstrittenen Wechsel. „Dadurch, dass es so negativ dargestellt wurde, hat mein Image in Ludwigsburg gelitten.“

Zur Erinnerung: Ende August vermelden die Riesen da Silvas Verbleib. Der gebürtige Münchener habe auf seine Ausstiegsoption verzichtet. Zuvor war er im Frühjahr nach der College-Saison aus Stanford nach Ludwigsburg gekommen und hatte überzeugt. Ein erhofftes NBA-Angebot gab es für den als Forward und Center eingesetzten Spieler nicht. Also blieb da Silva in Ludwigsburg, stieg in die Vorbereitung ein und kam auch bei Testspielen zum Einsatz.

Beim ersten Bundesliga Spiel gegen die Hamburg Towers fehlte er jedoch. „Ich habe heute um 16.30Uhr eine Nachricht gekriegt, dass Oscar auf seinem Weg nach Berlin ist. Das ist das erste Mal, dass mir ein Spieler ohne Verhandlungen oder Papierarbeit eine Nachricht schickt, dass er auf dem Weg zu einem anderen Verein ist“, zeigte sich Riesen-Trainer John Patrick vor zwei Wochen verwundert und verärgert. Über die Wirksamkeit der Ausstiegsklausel waren sich da Silvas Berater, die Riesen und Alba Berlin uneinig. Schließlich wurde in Form einer Ablösesumme, die bei ungefähr 50000Euro gelegen haben dürfte, eine Lösung gefunden.

Fragt man da Silva, widerspricht er der Version des fluchtartigen Abgangs. „Ich möchte sagen, dass ich mich vor dem Spiel von allen Spielern verabschiedet habe und auch von allen Leuten rund ums Team. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich im Schlechten gegangen bin. Dabei würde ich es gerne belassen“, betont da Silva. „Dass der Zeitpunkt ungünstig war, kann ich verstehen. Aber ich habe mir nicht ausgesucht, wann das Angebot von Alba kommt.“ Sportlich habe der Wechsel für ihn Sinn ergeben. „Berlin spielt in der Euroleague und ist eine Top-Mannschaft in Deutschland. Mir wurde ein Dreijahresvertrag angeboten und das freiere Spielsystem kommt mir zu gute“, erklärt er die Gründe des Wechsels. „Alles hat gepasst. Ich hatte gehofft, schon im Sommer ein Angebot dieser Art zu bekommen.“ Während die MHP-Riesen international in der zweitklassigen Champions League antreten, spielt Berlin in der Euroleague, der zweitbesten Basketball-Liga nach der NBA.

Viele Fans der Riesen hatten sich bereits mit da Silvas verbleib angefreundet und viel Hoffnung in den talentierten Spieler gesteckt. Entsprechend groß war die Enttäuschung. „Ich kann das natürlich verstehen. Aber die Fans sind nicht für die Planung meiner Karriere verantwortlich“, erklärt da Silva die Profiperspektive. „Ich muss mit diesem Sport Geld verdienen. Es ist ein Geschäft. Ich muss dort spielen, wo ich mich am besten weiterentwickeln kann. Die NBA bleibt absolut mein Ziel, dafür arbeite ich hier hart.“

Diese Weiterentwicklung verspricht er sich nun beim zehnfachen deutschen Meister, der auch 2020 und 2021 den Titel gewonnen hatte. Dort spielt er nun mit den ehemaligen Ludwigsburgern Johannes Thiemann und Jaleen Smith, die beide von den Fans der Gelben Wand für ihre Zeit in der Barockstadt verehrt werden. Vor allem Smith steht eine emotionale Rückkehr bevor. Der zum wertvollsten Spieler der vergangenen Saison gekürte Guard führte Ludwigsburg zum Hauptrundensieg ehe er sich nach zwei erfolgreichen Jahren im Sommer dem Euroleague-Team anschloss. Thiemann und Smith können sich also sicher sein, herzlich empfangen zu werden.

Für Riesen-Coach John Patrick ist die Wechsel-Posse erledigt. „Natürlich war das eine Überraschung für uns alle, es gab eine Lösung. Jetzt ist es vorbei“, sagte er gestern im Telefongespräch mit unserer Zeitung. Für den 53-Jährigen sind längst andere Dinge wichtig. Vor allem die Weiterentwicklung seines Teams. Mit Jaylen Hands, Yoeli Childs, Justin Simon und Rawle Alkins sind gleich vier Spieler erst ganz spät oder sogar nach der Vorbereitung zum Team gestoßen. „Justin hat sich sehr schnell integriert. Auch Rawle war sehr positiv“, sagte Patrick. Gestern Abend schauten sich die Ludwigsburger Albas Euroleague Einsatz gegen Lyon Villeurbanne an. „Dann haben wir ein klares Bild davon, was uns am Sonntag erwartet.“