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Benzäcker Mundelsheim: Bürgerinitiative lädt zur Diskussion über geplantes Gewerbegebiet ein

Argumente werden ausgetauscht: Gerhard Jüttner von den Naturfreunden Württemberg erläutert den Teilnehmenden seine Argumente gegen einen Gewerbepark bei Mundelsheim. Die Kritiker stellen ihren Protest bei der Infoveranstaltung auch bildlich dar. Foto
Argumente werden ausgetauscht: Gerhard Jüttner von den Naturfreunden Württemberg erläutert den Teilnehmenden seine Argumente gegen einen Gewerbepark bei Mundelsheim. Die Kritiker stellen ihren Protest bei der Infoveranstaltung auch bildlich dar. Foto: Ramona Theiss
Argumente werden ausgetauscht: Gerhard Jüttner von den Naturfreunden Württemberg erläutert den Teilnehmenden seine Argumente gegen einen Gewerbepark bei Mundelsheim. Die Kritiker stellen ihren Protest bei der Infoveranstaltung auch bildlich dar. Foto
Argumente werden ausgetauscht: Gerhard Jüttner von den Naturfreunden Württemberg erläutert den Teilnehmenden seine Argumente gegen einen Gewerbepark bei Mundelsheim. Die Kritiker stellen ihren Protest bei der Infoveranstaltung auch bildlich dar. Foto: Ramona Theiss
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Zu einer Infoveranstaltung hat die Bürgerinitiative „Benzäcker erhalten“ eingeladen. Sachlich brachten die Redner des Abends ihre Argumente vor. Zudem berichteten Besucher aus Nachbarkommunen und Fachleute in der Zuhörerschaft von ihren Erfahrungen mit der Ansiedlung von Gewerbegebieten.

Mundelsheim. Der Countdown läuft: Am 29. Mai stimmen die Mundelsheimer darüber ab, ob in den Benzäckern ein Gewerbegebiet entstehen soll. Dazu hat die Gemeinde jüngst eine Einwohnerversammlung einberufen, bei der Befürworter und Gegner einer Gewerbeansiedlung auf der rund 20 Hektar großen Fläche nahe der Autobahnabfahrt zu Wort kamen. Jetzt legte die Bürgerinitiative „Benzäcker erhalten“ ihrerseits nochmals nach und lud zu einer eigenen Veranstaltung für Mittwochabend ein, um zu informieren und Argumente auszutauschen. Rund 40 Interessierte versammelten sich dazu im Mundelsheimer Bürgersaal, darunter nicht nur Mundelsheimer, sondern auch Einwohner von Nachbarkommunen.

Nicht jeder mit Argumenten einverstanden

Allerdings war offenbar nicht jeder mit den Argumenten einverstanden, die Sabine Kumkar von der Attac-Regionalgruppe Besigheim-Ludwigsburg, der stellvertretende Landesvorsitzende der Naturfreunde Württemberg, Gerhard Jüttner, und der BUND-Kreisvorsitzende Stefan Flaig vorbrachten. Denn Einzelne verließen den Saal vorzeitig. Man sei nicht gegen etwas, sondern für den Erhalt der Ackerflächen, leitete Kumkar ihren Vortrag ein. Darin ging sie auf die Endlichkeit der Erde und ihrer Ressourcen ein. „Für versiegelte Flächen kann es keinen Ausgleich geben. Gebaut ist schnell, aber lebendiger Boden braucht Jahrhunderte, Jahrtausende.“ Vor allem auch für die betroffenen Bauern gebe es keinen wirklichen Flächenersatz. Die ihnen angebotenen Flächen seien „eher klein, nicht zusammenhängend und nicht so gut erreichbar“. Letztlich werde die landwirtschaftliche Fläche reduziert. Dass ihre Argumente nicht aus der Luft gegriffen sind, zeigten spätere Wortmeldungen einer Landschaftsplanerin und eines Wein- und Obstbauern.

Ausgleichsflächen zu finden werde immer schwieriger, berichtete die Landschaftsplanerin aus ihrer beruflichen Erfahrung. Dabei habe man sich von dem ursprünglich erdachten Eins-zu-eins-Ausgleich ohnehin schon lange verabschiedet und wende nun eine Ökoverordnung mit einem Punktesystem an, die es Kommunen auch ermöglichten, einem Ablasshandel gleich anderswo generierte Ökopunkte aufzukaufen. Darauf wird es ihrer Meinung nach auch in Mundelsheim hinauslaufen, da dort keine adäquaten Ausgleichsflächen zu finden seien. Denn der von der Gemeindeverwaltung vorgeschlagene Ausgleich durch die Instandsetzung von Trockensteinmauern in Weinbergen funktioniere nicht. „Das wird in der Regel nicht anerkannt.“ Abgesehen davon verursache eine solche Sanierung hohe Kosten von 1000 Euro pro Quadratmeter. „Das wären bei zwei Kilometer Mauer zwei Millionen Euro“, rechnete sie vor und erhielt für ihre ehrlichen Worte Applaus. „Der Flächenfraß ist riesig, nicht nur durch Industriegebiete, auch durch Wohngebiete oder Steinbrucherweiterung“, berichtete der Wein- und Obstbauer von seinen Beobachtungen. Auch zu Naturschutzzwecken würden landwirtschaftliche Flächen in Anspruch genommen. So gehe es nicht nur um 20 Hektar, sondern noch um viel mehr Fläche.

„Irgendwann haben wir keinen Grund und Boden mehr und müssen aufhören.“

Dass der Verlust landwirtschaftlicher Flächen nicht allein ein lokales Problem ist, machte Gerhard Jüttner von den Naturfreunden deutlich. Aufgrund des Klimawandels reduzierten sich die Anbauflächen weltweit durch die Ausdehnung der Sahelzone und den Anstieg des Meeresspiegels. „So sehr Geld auch die Welt regiert, man kann es nicht essen.“ Dabei sei der Verweis auf das Handeln anderer kein Ersatz für die eigene Verantwortung. „Global denken, lokal handeln ist das Motto“, pflichtete ihm BUND-Kreisvorsitzender Stefan Flaig bei und nahm im Anschluss die Argumente der Gewerbegebietsbefürworter unter die Lupe.

So gehe es bei der Ansiedlung zukunftsfähiger Technologie letztlich um eine Transformation der Autoindustrie, bei der durch die Umstellung von Verbrenner- auf Elektromotoren letztlich Arbeitsplätze verloren gingen. „Denn man braucht keine Getriebe, keine Kolben, keine Luftfilter mehr.“ Auch zog er in Zweifel, dass Mundelsheim durch mehr Gewerbesteuer, eine Belebung der Infrastruktur sowie Arbeits- und Ausbildungsplätze tatsächlich in dem Maße profitiert, wie versprochen. Darin gab ihm eine Ottmarsheimerin recht, indem sie von Entwicklungen in ihrem Heimatort durch das Industriegebiet Ottmarsheimer Höhe berichtete: „Ottmarsheim ist dadurch nicht aufgeblüht. Es sind nur neue Wohngebiete entstanden.“