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200-Jahr-Feier und der Verfall des Euro

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Alte Ludwigsburg-Stücke, zu sehen bei der Münzbörse im Forum am Schlosspark. Foto: Oliver Bürkle
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Ein großes Angebot für die Sammler von Münzen.
Eine absolute Rarität flatterte Silvano Rossi buchstäblich vor die Füße: Programm und Eintrittskarte für eine Feier „200 Jahre Ludwigsburg“ auf der Planie vor dem Schloss. Der Organisator der Münzbörse im Forum am Schlossplatz hatte am Samstag speziell eine bemerkenswerte Ludwigsburger Sammlung zusammengestellt.

Ludwigsburg. Einig liegen der letzte König von Württemberg, Wilhelm II, und seine Gemahlin Charlotte, anders als im wahren Leben, nebeneinander. Es sind zeitgenössische Drucke. Zwei von 200 lokalen Exponaten, die Münzhändler Rossi in zehn Jahren gesammelt hat. Darunter auch die Medaille zum 75. Geburtstag des Fabrikanten Robert Franck. Historische Sportabzeichen, Gedenkplaketten, Aktien, Zeugnisse sind dabei, ebenso Notgeld aus den Inflationsjahren 1922/23 gedruckt von der Stadt selbst, herausgegeben auch von Unternehmen wie der Brauerei Cluss. „Die Kaufkraft nahm damals stündlich ab“, erklärt Rossi den zahlreichen neugierigen Besuchern. Für 100 Millionen habe man in dieser Zeit mit Glück ein Brot bekommen.

Ludwigsburg feiert in diesem Jahr, dass vor 300 Jahren die Stadtrechte verliehen wurden. Aber nicht nur 1718 gilt als wichtiges Datum der Stadtgeschichte, auch bereits das Jahr 1709, als der Herzog zur Ansiedlung neben seinem Schloss aufrief. 2009 wurde dies groß gefeiert, das zeigt ein Programmblatt, das im Forum zu sehen war. Zur „Zweijahrhundert-Feier“wird da geladen, Eintritt eine Mark, Musik der „vereinigten Gesangvereine, des Männerturnvereins, des Männerathletenvereins“ sowie von zwei Militärkapellen.

Kurz nach dem Ersten Weltkrieg wurde ein eckiges 50 Pfennig-Stück aus Zinkblech gestanzt. Eine Besonderheit: der Ludwigsburger Fünfer aus Porzellan, hergestellt in der Ludwigsburger Manufaktur, mit und ohne Goldrand, auch in Stuttgart gültig. Auch die Sonderprägungen der Ludwigsburger Münzefreunde liegen in den Schaukästen.

„Euro-Münzen sind im freien Fall“, meint der Fachmann Rossi. Auch seltene Münzen aus Kleinstaaten hätten heute oft nicht mehr als einen Nennwert. Der Vatikan ausgenommen, aber auch die hätten eine „Delle“.

„Es ist Massenware, von der kaum erwartet wird, dass sich der Markt dafür noch erholen wird.“ Ähnlich wie bei den Gedenkmünzen der Bundesrepublik, von denen auch nur die ersten vier wertvoll sind. Sie bringen in Top-Qualität 500 bis 700 Euro. Aber auch sie haben laut Experte massiv an Wert eingebüßt. Die fünf Mark „Germanisches Museum“ von 1952 sei bis in die 1990er Jahre alleine für 2000 Mark gehandelt worden. „Die Generation Erbe flutet seit Jahren die Märkte.“ Im Fokus der Sammler seien Münzen der Weimarer Republik von 1918 bis 1933 und weiter die Goldmünzen aus dem Kaiserreich von 1871 bis 1918. Bei denen aber ist Vorsicht geboten. Die Hälfte derer sind sogenannte „Hausmannfälschungen“, also goldene Nachprägungen aus den 1950ern, die nicht mehr wert sind als das Material. Zum Vergleich: Ein seltenes Exemplar kann auf Auktionen für einen fünfstelligen Betrag unter den Hammer kommen.

Bei den Ludwigsburger Münzfreunden hat Helmut Jungfleisch am Samstag so eine Fälschung entlarvt. Auch Barren mit billigem Wolframkern ist der Ingenieur mit Supermagnet und Feinwaage, mit Schichtdickenmessung per Ultraschall auf der Spur. Vor Käufen aus dem Internet und Handel auf dem Rastplatz warnt der Experte. Denn die Nachbildungen würden immer perfekter – mit Hologramm, Seriennummer, Herstellerangaben und in Folie verschweißt.

Einschlägige Plattformen verkauften sogenanntes „Gold“ zu einem völlig unrealistischen Spottpreis. Auch dafür gebe es reichlich Abnehmer, wahrscheinlich mit der unlauteren Absicht, die Ware als echt zu verkaufen.

Kürzlich hat Jungfleisch antike römische Münzen angeblich aus dem 3. Jahrhundert begutachtet. Das Gold war für damalige Verhältnisse aber zu rein, außerdem waren die Stücke gegossen und nicht geprägt. Wären sie echt gewesen, hätten sie einen Wert von 2000 Euro gehabt, so aber nur 300.

Nebenan schaute sich der Vorsitzende der Münzenfreunde, Ewald Vogel, in vier Stunden über 100 Familienschätze an. „Ich bin noch gar nicht zum Vespern gekommen“, lacht er. Glücksfunde seien selten, aber möglich. So habe sich eine chinesische Goldmedaille als Sondermünze in limitierter Auflage herausgestellt. Das steigerte den Wert um gut ein Drittel. Dagegen seien die Starterkitts des Euro besser beim Bäcker deponiert.

„Bloß nicht mit dem Silberputztuch polieren oder gar abschleifen“, warnt Händler Daniel Gredler. Das sei der häufigste Fehler, der Schubladenfunden angetan werde. Auf Hochglanz gewienert, würden Münzen mindestens die Hälfte ihres Werts verlieren. Sammler schätzten ehrliche Patina.

„Hinter jeder Münze und Medaille steckt eine Geschichte“, meint Silvano Rossi, der wieder rund 40 Aussteller nach Ludwigsburg holte. Das mache den Reiz an der Numismatik aus. So seine Ludwigsburg-Ausstellung, die er auch einer breiteren Öffentlichkeit zeigen würde, wenn er dafür einen passenden Rahmen finden würde. Die nächste Ausstellung hat er auch schon in Arbeit: Sie soll im Herbst Schiller gewidmet sein.