Ein Thema, das Sie als Steuerbürger/in auf den ersten Blick nicht zu berühren scheint, wird derzeit in einigen Kreisen und auch politisch kontrovers diskutiert: Sollen Finanzinvestoren bei Steuerberatern und Steuerberaterinnen in deren Kanzleien einsteigen dürfen?
Bislang gilt ein sogenanntes Fremdbesitzverbot, das vereinfacht besagt, dass nur Trägerinnen und Träger von freien Berufen sich mit Steuerberaterinnen und Steuerberatern in einer Berufsausübungsgesellschaft zusammenschließen können. Diese klare gesetzgeberische Aussage im Steuerberatungsgesetz erfährt aber seit geraumer Zeit eine Umgehung. Internationale Finanzinvestoren beteiligen sich an ausländischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, was in der EU zum Beispiel in Luxemburg möglich ist. Diese Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nach luxemburgischem Recht wiederum beteiligt sich an einer deutschen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, was das Berufsrecht der deutschen Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung) zulässt. Die deutsche Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wird dann Gesellschafterin an einer Berufsausübungsgesellschaft nach dem Steuerberatungsgesetz. Damit ist über die indirekte Beteiligungskette der internationale Finanzinvestor an der deutschen Berufsausübungsgesellschaft der Steuerberaterinnen und Steuerberater beteiligt. Der Finanzinvestor ist nicht an einer aktiven Mitarbeit interessiert, sondern ausschließlich an der Rendite, die sein Investment erzielen muss. Den Gewinn zur Erreichung der Rendite müssen dann die Kolleginnen und Kollegen in den Kanzleien mit solchen Beteiligungsstrukturen erwirtschaften.
Ein Grundprinzip des Berufsrechts der Steuerberaterinnen und Steuerberater ist die Unabhängigkeit von staatlicher Einflussnahme und Einflussnahme eines jedweden Dritten. Denn nur so kann das Vertrauensverhältnis geschaffen werden, das die Basis für eine gute Zusammenarbeit zwischen Steuerpflichtigen und ihren Beraterinnen oder Beratern darstellt.
Das Vertrauen ist auch deshalb so wichtig, da basierend auf dem dauerhaften Steuerrechtsschuldverhältnis der Steuerbürgerin beziehungsweise des Steuerbürgers zum Staat auch das Beratungsmandat ein langjähriges ist. Steuerpflichtige schätzen eine langjährige Mandatsbeziehung zu der Beraterin oder dem Berater ihres Vertrauens, weil sie wissen, dass bei der Kollegenschaft das Anliegen – die Pflichterfüllung aus dem Steuerrechtsschuldverhältnis – in besten Händen ist. Die Kollegen stellen das Interesse der Mandantin oder des Mandanten in den Mittelpunkt.
Steuerberaterinnen und Steuerberater sind im Rahmen der berufsrechtlichen Rechte und Pflichten nur sich selbst verpflichtet. Hier käme es zu einem Zielkonflikt, wenn neben den Interessen der Mandantschaft auch noch Renditeerwartungen und gegebenenfalls weitergehende Einflussnahmen von Finanzinvestoren in das Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Beraterschaft eindringen würden. Das Vertrauen wäre gestört. Zudem wäre der Schutz der Steuerpflichtigen vor einer nicht mandanteninteressengeleiteten Tätigkeit nicht mehr gegeben.
Nun wäre es ein Leichtes, wenn der Gesetzgeber diese Umgehung durch entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen beenden würde. Jedoch ist der Lobbyismus der Finanzinvestoren enorm.
Der Berufsstand der Steuerberater möchte seine Unabhängigkeit bewahren und braucht keine Finanzinvestoren als Anteilseigner. Der von den Investoren immer wieder ausgerufene große Finanzbedarf besteht nach Ansicht des steuerberatenden Berufes nicht. Die Investitionen in die Digitalisierung tätigen unsere IT-Dienstleister in vorbildlicher Weise und versorgen die Kollegenschaft mit den notwendigen Tools, um zukunftsfähig zu sein. Kurz gesagt: Es braucht keine Finanzinvestoren in Steuerberatungskanzleien.
