Kreis Ludwigsburg. Mistelzweige sind in der Vorweihnachtszeit keine Seltenheit. In jüngster Zeit sorgt aber die sonst so schöne Dekoration für eine Menge Ärger. Im Kreis Ludwigsburg sind aktuell aufdringliche und zum Teil aggressive Verkäufer unterwegs, die auf Krampf versuchen, ihre Mistelzweige loszuwerden. Und das nicht etwa an einem Verkaufsstand. „Sie ziehen von Haus zu Haus“, weiß Victoria Zahler, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Ludwigsburg. Vergangene Woche waren mehrere Polizeibeamte zum Beispiel in Großingersheim, um aufdringliche Verkäufer zu kontrollieren, die sich an den Haustüren nicht so leicht abwimmeln ließen. Aber ist das ein Grund zur Sorge?
Bedroht und geschlagen
Beliebt sind die Verkäufer an der Tür mit Sicherheit nicht. Bereits in mehreren Gemeinden kam es zu kuriosen Vorfällen mit der Mistelzweig-Bande, erzählt Zahler. In einem Fall in Oberstenfeld mündete der „Verkauf“ sogar in einer Erpressung: Eine Seniorin wurde in ihrem eigenen Auto von einer Verkäuferin bedroht. Wie es dazu kam? Die 77-Jährige hielt ihr Auto in Oberstenfeld in der Großbottwarer Straße an, weil eine Frau zwischen 25 und 30 Jahren auf dem Boden lag. Doch als die Seniorin ausstieg, um zu sehen, ob die Frau Hilfe braucht, sprang die Unbekannte plötzlich ins Auto der 77-Jährigen und zwang sie unter Androhung von Gewalt dazu, einen Mistelzweig zu kaufen.
Sie soll die ältere Frau sogar auf den Kopf geschlagen haben. Bei der nächsten Bank hob die Seniorin dann zehn Euro ab – für den aufgezwungenen Mistelzweig. Nachdem die Unbekannte das Geld hatte, schmiss sie einen Mistelzweig in den Fußraum des Autos und machte sich bei einem Supermarkt in der Lichtenberger Straße aus dem Staub. Aktuell ermittelt die Kriminalpolizei und sucht nach der Verkäuferin mit längerem schwarzen Haar.
Sind Mistelzweige Markierungen für Einbrecher?
Weitere Begegnungen mit den Mistelzweig-Bande, darunter Frauen und Männer, gab es Oberriexingen, Murr und am Dienstag auch in Vaihingen, sagt Zahler. Nach diesem Muster bleiben sie also nicht an einem Standort, sondern ziehen von Gemeinde zu Gemeinde im Kreis Ludwigsburg. Zwar komme es nicht in jedem Fall zu einer Erpressung wie in Oberstenfeld, dennoch seien die Verkäufer auffällig aufdringlich und wollen teilweise nicht aus dem Hauseingang verschwinden. In einem anderen Fall wurde zwei männlichen Verkäufern zum Beispiel ein Platzverweis erteilt. Doch worum geht es hierbei? Wirklich um die zehn Euro für einen Mistelzweig?
In Ingersheim etwa befürchten Bürger, dass die Mistelzweige eine Art Markierung der Bande sei. Die Häuser, die einen Mistelzweig hätten, wären Gebäude, „in die es sich leicht einbrechen ließe“, schrieb uns eine Leserin. Aber stimmt das auch? Die Polizei sieht aktuell keinen Zusammenhang zwischen den Mistelzweigen und Einbrüchen im Kreis Ludwigsburg, erklärt Zahler auf Nachfrage. Die Gruppe falle bisher „nur“ durch aufdringliche und zum Teil aggressive Verkaufsmethoden auf. Jedoch, so die Pressesprecherin, ermittle die Polizei. Wem Verdächtiges auffällt oder selbst von einem plötzlichen Verkäufer bedrängt wird, kann sich bei der Polizei melden. (Telefon: (0800) 110 02 25; E-Mail: hinweise.kripo.ludwigsburg@polizei.bwl.de). Und ganz wichtig: die Verkäufer nicht ins Haus lassen.




