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LKZ-Berlin-Korrespondent auf der News Couch
Stefan Lange im LKZ-Podcast: „Deutschland vor der Wahl zwischen Unsicherheit und Polarisierung“

Ulrike Trampus und Stephan Wolf begrüßen auf der News Couch den Spielerberater Christoph Schickhardt.
Ulrike Trampus und Stephan Wolf begrüßen auf der News Couch den Spielerberater Christoph Schickhardt. Foto: privat
Kurz vor der Bundestagswahl nahm Stefan Lange, Berliner Korrespondent auf der News Couch Platz. Sein Fazit: Deutschland steht vor einer unberechenbaren Wahl.

Ludwigsburg. Lange beschreibt die aktuelle politische Stimmung als „unsicher wie lange nicht mehr“. Die Umfragen zeigten eine deutliche Zersplitterung der Wählerlandschaft. Besonders bemerkenswert: Rund ein Drittel der Wählerinnen und Wähler ist noch unentschlossen. „Das kann am Wahltag für Überraschungen sorgen“, so Lange im Gespräch mit Ulrike Trampus und Stephan Wolf aus der LKZ-Chefredaktion. Zwar liege die Union derzeit in den Umfragen vorne, doch das Beispiel der letzten Bundestagswahl zeige, dass sich auch kurz vor Schluss noch alles ändern könne.

Stefan Lange war aus seinem Berliner Korrespondenten-Büro zur News Couch zugeschaltet.
Stefan Lange war aus seinem Berliner Korrespondenten-Büro zur News Couch zugeschaltet. Foto: Michael Kappeler

Ein Grund für die Unsicherheit sei die Kürze des Wahlkampfes. „Die Parteien hatten wenig Zeit, ihre Programme zu vermitteln“, sagt Lange. Der abrupte Bruch der Ampel-Koalition sei eine Überraschung gewesen, die auch den Wahlkampf erschwert habe. „Der Wahl-O-Mat wurde erst spät freigeschaltet, große Veranstaltungen sind rar – das wirkt sich aus.“

Migration als dominierendes Thema

Ein Aspekt, der Lange besonders ärgert, ist die Fokussierung auf das Migrationsthema. „Es gibt viele drängende Fragen wie Wirtschaft, Renten oder Klimawandel, die kaum behandelt werden“, kritisiert er. Trotz gegenteiliger Versprechen sei der Wahlkampf stark von Migrationsdebatten geprägt – eine Entwicklung, die insbesondere der AfD und der Union in die Hände spiele.

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Dass die SPD und die Grünen dem wenig entgegensetzen konnten, erklärt Lange mit der Emotionalität des Themas: „Nach der schrecklichen Tat in Aschaffenburg wurde Migration zum Wahlkampfthema Nummer eins – und das wurde von einigen Parteien bewusst genutzt.“ Dadurch sei es schwieriger geworden, andere politische Schwerpunkte in die öffentliche Debatte zu rücken.

Union und AfD: Brandmauer gefallen?

Ein weiteres brisantes Thema: die Zusammenarbeit der Union mit der AfD bei einer Bundestagsabstimmung. Lange sieht darin eine gefährliche Entwicklung: „In der CDU gibt es Stimmen, die sagen, wenn das in Berlin passiert, dann können wir das auf kommunaler Ebene auch tun.“ Friedrich Merz müsse nun viel Überzeugungsarbeit leisten, um eine klare Abgrenzung zur AfD glaubhaft zu machen. Ob die Union langfristig Schaden nehme, sei noch offen. „Im Moment scheint es ihr nicht geschadet zu haben, aber viele Unions-Wähler sind unentschlossen. Das kann sich noch ändern.“

Soziale Medien als Wahlkampf-Treiber

Ein weiteres Novum dieses Wahlkampfs: die immense Bedeutung sozialer Medien. „Die AfD hat sich weitgehend von klassischen Medien entkoppelt und betreibt ihre Kommunikation fast ausschließlich über Social Media“, stellt Lange fest. Die Angriffe auf etablierte Medien und die bewusste Streuung von Narrativen seien eine Strategie, die die Wahl beeinflussen könnte.

Auch die etablierten Parteien setzen zunehmend auf Plattformen wie TikTok – mit fragwürdigem Erfolg. „Wenn Markus Söder einen Döner isst oder Olaf Scholz mit Aktentasche auftritt, ist das wenig überzeugend. Solche Inszenierungen wirken oft eher anbiedernd als authentisch“, meint Lange.

Wer führt den besten Wahlkampf?

Überraschenderweise nennt Lange die Linkspartei als Beispiel für eine gelungene Kampagne. „Sie hat sich in den Umfragen von 3 auf 6 oder 7 Prozent hochgearbeitet und könnte es direkt in den Bundestag schaffen“, analysiert er. Ein engagierter Wahlkampf habe die Partei aus einer schwierigen Lage herausgeführt.

Bei der SPD hingegen stellt sich die Frage, ob sie mit Olaf Scholz als Kanzlerkandidaten richtig aufgestellt ist. „Boris Pistorius wird als Alternative gehandelt, aber wäre er wirklich der bessere Kandidat gewesen? Ich bin skeptisch.“ Eine historische Niederlage für die SPD sei dennoch nicht ausgeschlossen, insbesondere wenn sie unter die 20-Prozent-Marke rutsche.

Was passiert nach der Wahl?

Spannend wird auch die Regierungsbildung. Laut Lange gebe es bereits erste inoffizielle Gespräche zwischen Union, Grünen und SPD. „Man will schnell Klarheit schaffen“, sagt er. Dennoch bleibe offen, ob es eine langwierige Verhandlung oder eine rasche Einigung gebe.

Für die Wahlkreise Ludwigsburg und Neckar-Zaber könnten die Umwälzungen im Bundestag direkte Folgen haben. Lange hebt die Arbeit der lokalen Abgeordneten Steffen Bilger (CDU), Fabian Gramling (CDU), Sandra Detzer (Grüne), Martin Hess (AfD) und Macit Karaahmetoglu (SPD) hervor. „Ob sie alle erneut in den Bundestag einziehen, ist angesichts der Wahlrechtsreform ungewiss.“

Prognose: Union vorn, aber was dann?

Langes abschließende Prognose: „Die Union wird voraussichtlich die Wahl gewinnen. Entscheidend wird aber, wie stark die AfD abschneidet und ob die SPD noch aufholt.“ Am Wahltag selbst setzt Lange auf das klassische Wahllokal. „Gerade in Berlin weiß man ja nie, ob genug Stimmzettel vorhanden sind“, sagt er augenzwinkernd. Ob sich die politischen Erwartungen erfüllen oder ob es doch noch Überraschungen gibt, zeigt sich am 23. Februar – dem Tag der Bundestagswahl.

Info: Zu hören ist der Podcast auf Spotify, Amazon Music und Apple Podcast. Oder direkt in der LKZ E-Paper-App und über www.lkz.de/podcast.html

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