Ludwigsburg. Der VfB Stuttgart hat einen neuen Präsidenten: Dietmar Allgaier, seit August 2023 interimsweise im Amt, wurde am vergangenen Wochenende mit überwältigender Mehrheit für fünf Jahre gewählt. Über 91 Prozent der Stimmen erhielt der Ludwigsburger Landrat und steht nun an der Spitze des mit über 122.000 Mitgliedern größten Vereins in Baden-Württemberg. Im Gespräch mit Sportredakteur Philipp Böhl und dem stellvertretenden Chefredakteur Stephan Wolf schildert Allgaier auf der News Couch seine Pläne für den Verein und wie er den Spagat zwischen Ehrenamt beim VfB und Hauptamt als Landrat meistern will.
Ursprünglich wollte Allgaier das Amt nur vorübergehend ausfüllen. „Ich hatte großen Respekt vor der Aufgabe und war mir nicht sicher, ob sich das mit meiner Arbeit als Landrat vereinbaren lässt.“ Doch mit der Zeit habe er sich im Verein wohlgefühlt, die Strukturen kennengelernt und sei von Mitgliedern ermutigt worden, weiterzumachen. Heute sagt er: „Ich bin im Amt angekommen.“
Strukturreform statt hauptamtlicher Geschäftsführer
Der VfB Stuttgart e. V. zählt acht Abteilungen, darunter auch Leichtathletik, Basketball oder Frauenfußball. Für die Vereinsarbeit stehen aktuell nur drei hauptamtliche Mitarbeiter zur Verfügung. „Das ist viel zu wenig“, findet Allgaier. Eine seiner zentralen Aufgaben sieht er deshalb in der strukturellen Stärkung des Vereins. Eine Neubesetzung mit einem hauptamtlichen Geschäftsführer sei hingegen nicht geplant. Stattdessen sollen Prozesse optimiert und Synergien mit der AG, die rund 450 Beschäftigte zählt, besser genutzt werden.
Eigenes Stadion für den Frauenfußball
Ein Herzensprojekt des neuen Präsidenten ist der Bau eines 12.000 bis 15.000 Zuschauer fassenden Stadions für den Frauenfußball in unmittelbarer Nähe zur MHP Arena. „Unsere Frauen sind Tabellenführer und auf Aufstiegskurs – wir brauchen dafür auch die passende Infrastruktur.“ Das Stadion soll multifunktional nutzbar sein: für die zweite Mannschaft der VfB-Männer, das Nachwuchsleistungszentrum oder die Leichtathleten. „Es geht darum, die Sportlerinnen und Sportler des Vereins stärker im Neckarpark zu bündeln.“
Doppelfunktion: Präsident und Landrat
Ein oft diskutiertes Thema: Kann ein Landrat auch Präsident eines Bundesligavereins sein – und beides gut machen? Allgaier betont, dass er sein Ehrenamt mit großem Engagement, aber außerhalb der regulären Arbeitszeiten ausübt. „Meine Arbeit als Landrat leidet darunter nicht. Ich bin tagsüber in Ludwigsburg präsent. Spieltage und Gremiensitzungen finden meist abends oder am Wochenende statt.“ Seine Familie stehe hinter ihm, seine Freizeit sei allerdings „weitgehend gestrichen“. Dennoch sei das Ehrenamt erfüllend – auch, weil es viele Synergien mit dem Beruf gebe. „Der VfB ist identitätsstiftend, bringt Menschen zusammen. Gerade in Krisenzeiten braucht es solche Leuchttürme.“
Ehrenamt mit Herz – und Aufwandspauschale
In den ersten acht Monaten als Interimspräsident verzichtete Allgaier komplett auf eine Aufwandsentschädigung. Künftig wird er die vorgesehene Entschädigung von 50.000 Euro jährlich annehmen – zumindest teilweise. „Ich werde aber einen Teil der Summe an die VfB-Stiftung weitergeben. Die leistet großartige soziale Arbeit.“
Fokus auf Kontinuität und Talente
Im sportlichen Bereich setzt Allgaier auf Kontinuität – nicht nur bei Trainer Sebastian Hoeneß, dessen Vertrag kürzlich verlängert wurde, sondern auch bei Nachwuchstalenten. „Mir ist es lieber, wir entwickeln eigene Spieler und halten sie im Verein, als dass sie anderswo Karriere machen.“ Seine Rolle als Präsident der AG sieht Allgaier klar in der Kontrollfunktion: „Wir schaffen den finanziellen Rahmen, um sportlich erfolgreich und stabil zu bleiben – ohne Ausstiegsklauseln, mit langfristiger Perspektive.“
Zwischen DFB-Pokalträumen und Haushaltssorgen
Trotz aller sportlichen Ambitionen weiß Allgaier um die wirtschaftlichen Herausforderungen. Investitionen müssen gut überlegt sein. Trotzdem blickt er optimistisch in die Zukunft: „Vielleicht sind wir im DFB-Pokal mal wieder dran.“
Und seine Ziele? „Ruhe in den Verein bringen, Strukturen verbessern, Identität stärken – und den VfB in der oberen Tabellenhälfte etablieren.“ Ein anspruchsvolles Programm für die nächsten fünf Jahre – in Stuttgart und in Ludwigsburg.