Ludwigsburg. Als Carolin Klöckner ihr eigenes Weingut gründete, rieten ihr viele ab. Zu riskant, zu teuer, zu schwierig. Doch die gebürtige Gündelbacherin ließ sich nicht beirren – und hauchte mit dem „Meisenbachhof“ in Schützingen einer vom Rückzug bedrohten Kulturlandschaft neues Leben ein. Dass sie 2018 zur Deutschen Weinkönigin gekrönt wurde, spielte dabei eine prägende Rolle – und öffnete so manche Tür.
„Ich wurde oft belächelt, aber das hat mich eher angespornt“, erzählt Klöckner auf der News Couch der LKZ. Ihre Motivation? Die Liebe zur Region, zur Natur – und zum Wein. Besonders das Bild bunter Reben im Herbst hat sich tief in ihre Kindheitserinnerungen eingebrannt. Umso schmerzhafter sei der Anblick verlassener Weinberge heute. Ihr Ziel: Erhalten, was anderen verloren geht.
Biowein mit Cocktailidee
Klöckner baut konsequent biologisch an. Eine Entscheidung, die für sie keine Frage, sondern Überzeugung war – inspiriert vom Engagement ihrer Eltern, die bereits 2004 dem Bioland-Verband beitraten. Auch wenn der Meisenbachhof noch in der Umstellung ist, wird bereits heute nach Biostandards gearbeitet. Die große Herausforderung dabei: Pflanzenschutz im Einklang mit der Natur. „Wir setzen auf Kupfer, Schwefel und Backpulver – keine chemischen Keulen.“
Doch Klöckner denkt weiter. Ihre Weine sind nicht nur trocken, sie kommen auch mit eigens entwickelten Cocktailrezepten. „Das mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen – aber wir müssen uns dem veränderten Trinkverhalten anpassen.“ Neue Wege, neue Zielgruppen – für sie ein Muss, um den Weinbau zukunftsfest zu machen.
Klimawandel, Kosten, Konsum
Klöckner verschweigt die Krisen der Branche nicht: Klimatische Extreme, gestiegene Produktionskosten und ein schwindendes Interesse junger Menschen an Wein machen vielen Betrieben zu schaffen. Und auch der Mindestlohn für Saisonkräfte bringt kleinere Weingüter unter Druck. Derzeit hilft bei ihr vor allem eines: Familie. Doch sie weiß, das kann kein Dauerzustand sein.
Gerade junge Winzerinnen und Winzer stehen oft vor einem Dilemma: Die ältere Generation gibt ungern Kontrolle ab, während die Jungen Neues wagen wollen. Klöckner hatte diesen Konflikt nicht – ihr Betrieb entstand auf der sprichwörtlichen grünen Wiese. „Ich kann mich kreativ entfalten, ohne Altlasten.“
Weinbau braucht Wandel
In ihrer Bachelorarbeit stellte sich Klöckner bereits die Frage, ob das Amt der Weinkönigin noch zeitgemäß sei. Ihre Antwort: Ja, aber nur mit Weiterentwicklung. „Diversität ist wichtig – warum nicht auch ein Weinkönig?“ In manchen Regionen sei das längst Realität. Was bleibe, sei die Funktion als Botschafterin – oder Botschafter – des deutschen Weins.
Dass sie heute noch von ihrem Amt profitiert, zeigt die Entstehung des Meisenbachhofs: Die Verkäuferin erkannte in ihr die frühere Weinkönigin – und eröffnete ihr die Möglichkeit, das Gut zu erwerben. „Ohne dieses Jahr voller Begegnungen, Erfahrungen und Kontakte hätte ich das nie gewagt.“
Und was bringt die Zukunft?
„Mehr Zeit“, sagt Klöckner lachend. Und ernsthaft: mehr Erfahrung, mehr Geduld, mehr Mut. Denn der Aufbau eines Weinguts ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Schon die ersten beiden Jahre waren grundverschieden – ein Lernprozess in Echtzeit.
Trotz aller Widrigkeiten bleibt sie optimistisch. Ihre Botschaft an die Branche: „Man braucht Mut, Euphorie und den Willen, Dinge anders zu machen.“ So wird aus einer vermeintlichen Schnapsidee ein echtes Zukunftsprojekt.


