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Demokratisches Zentrum in der Wilhelmstraße
Streit mit Finanzamt: Ludwigsburger Verein erhält seine Gemeinnützigkeit zurück

Das Demokratische Zentrum liegt in einem Hinterhaus in der Wilhelmstraße. Archivfoto: B. Stollenberg
Das Demokratische Zentrum liegt in einem Hinterhaus in der Wilhelmstraße. Foto: B. Stollenberg
Nach drei Jahren gilt der Verein Demokratisches Zentrum (DemoZ) wieder als gemeinnützig. 2019 war dem Zentrum wegen einer angeblich einseitigen politischen Ausrichtung (zu links) die Gemeinnützigkeit entzogen worden. Davon ist jetzt auf einmal keine Rede mehr.

Ludwigsburg. Das Demokratische Zentrum hat im September vom Finanzamt Ludwigsburg einen Bescheid darüber erhalten, dass es gemeinnützig arbeitet. Damit kann der Verein, der hinter dem soziokulturellen Zentrum steht, wieder Fördermittel beantragen und Spendenbescheinigungen ausstellen. Mehrere Organisationen, darunter die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die das DemoZ in den vergangenen drei Jahren unterstützt haben, äußerten sich zufrieden.

Rätselhaft bleibt an dem Vorfall, der das DemoZ allein 12000 Euro an ausgefallenem Fördergeld gekostet hat, die Linie des Finanzamtes. Den Entzug der Gemeinnützigkeit im Oktober 2019 hat das Finanzamt mit der mangelnden Offenheit in der politischen Bildungsarbeit des DemoZ begründet. Anlass hierfür waren kapitalismuskritische Veranstaltungen in den Räumen des Zentrums. Anders ausgedrückt: Dem Finanzamt standen das DemoZ und seine Angebote damals zu weit links, um öffentlich gefördert zu werden.

Klage wegen Untätigkeit gegen das Amt

Gegen diese Entscheidung hatte der Ludwigsburger Verein vor knapp drei Jahren Widerspruch eingelegt. Und nachdem das Finanzamt darauf zwei Jahre nicht reagiert hat, wurde eine Klage wegen Untätigkeit nachgeschoben. Zu einem Urteil in dieser Sache wird es aber nicht mehr kommen, da der Streit durch die wiederanerkannte Gemeinnützigkeit beigelegt ist.

Das ist zum einen eine gute Nachricht für das DemoZ. Trotzdem hat der Sinneswandel des Ludwigsburger Finanzamts auch einen schalen Beigeschmack. „Die zentrale Frage, was politische Bildung im Sinn des Gemeinnützigkeitsrechts bedeutet, bleibt dadurch weiterhin ungeklärt“, bemängelt die GFF. Die Juristin Sarah Lincoln, die für die GFF arbeitet, fordert daher politische Reformen. „Wir brauchen vom Finanzministerium klare Regeln, weil viele Organisationen davon betroffen sind.“ Kleine Vereine wie das DemoZ, die nur durch ehrenamtliches Engagement und Fördermittel überleben können, seien schnell in ihrer Existenz bedroht, wenn ihnen von heute auf morgen die Gemeinnützigkeit aberkannt wird. Lincoln, die das DemoZ in den vergangenen drei Jahren beraten hat, sieht daher weiteren Klärungsbedarf. „Um die zentrale Frage, inwieweit Vereine politisch aktiv sein dürfen, hat sich das Finanzamt gedrückt.“

Nun geht es der Behörde um die Werbung von externen Veranstaltern

Denn von den ursprünglichen Vorwürfen sei jetzt überhaupt nicht mehr die Rede gewesen. Stattdessen sei der Verein vom Finanzamt lediglich mit einem Hinweis auf kleinere Formalitäten wieder für gemeinnützig erklärt worden. Im Zentrum, so Lincoln, stehe dabei die Aufforderung, dass das DemoZ bei Veranstaltungen von externen Gruppen Geld für die Veranstaltungswerbung verlangen muss. Und zwar vier Euro für Werbung im Schaukasten und zehn Euro für Werbung auf der Homepage. Lincoln findet es unglaublich, dass aus diesem Grund drei Jahre gestritten wurde.

Ihre Vermutung ist, dass auf das Finanzamt politischer Druck ausgeübt wurde, den Konflikt mit dem Demokratischen Zentrum endlich beizulegen. Um in puncto Entzug der Gemeinnützigkeit nicht ganz nackt dazustehen, „hat man am Ende die Sache mit der Werbung aus dem Hut gezaubert“.

Yvonne Kratz vom Vorstand des DemoZ freut sich, dass der Verein nun wieder als gemeinnützig gilt. Allerdings bemängelt auch sie, dass eine endgültige Klärung ausgeblieben ist. Drei Jahre habe man für eine Sache gekämpft, die jetzt für das Finanzamt überhaupt keine Rolle mehr gespielt hat. Sie sieht die Gefahr, dass weiterhin Fälle wie in Ludwigsburg vorkommen. Auch die Argumentation mit der Werbung findet Yvonne Kratz skurril. Dabei gehe es für das DemoZ um 10 oder 20 Euro im Monat, die nun von Veranstaltern eingefordert werden müssen. Hätte das Finanzamt dieses Thema vor drei Jahren vorgebracht, hätte man die Sache ganz einfach ohne Streit und ohne Entzug der Gemeinnützigkeit klären können.