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Wirtschaftskolumne
Wenn mehr weniger bleibt – Steigende Löhne bei stagnierendem Einkommen

Andrea Ulsamer.
Andrea Ulsamer.
Die Apotheker werden bald höhere Löhne zahlen müssen. Die Anhebung des eigenen Honorars lässt dagegen auf sich warten - mit Folgen auch für die Kunden.

Mitglied im Vorstand der Landesapothekenkammer und Apothekeninhaberin in Karlsruhe-Durlach

In der deutschen Apothekerschaft gibt es aktuell eine alles beherrschende Diskussion: Die Frage nach der Erhöhung des Apothekenhonorars auf 9,50 Euro. Diese wird angesichts des zunehmenden wirtschaftlichen Drucks immer wichtiger, denn rezeptpflichtige Medikamente werden pauschal entlohnt. Für jede abgegebene Packung erhält die Apotheke aktuell 8,35 Euro – egal, wie teuer das Medikament in der Beschaffung und Lagerung war. Dieser Betrag wurde seit zwölf Jahren nicht erhöht.

Als Inhaberin einer Apotheke in Karlsruhe-Durlach verfolge ich diese Diskussion mit großer Aufmerksamkeit. Denn die Erhöhung ist keineswegs beschlossen. Zwar wurde eine Erhöhung auf 9,50 Euro im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbart, doch laut Regierung ist dafür aktuell kein Geld übrig. Für uns Apotheken bedeutet das, dass wir weiterhin im Unklaren darüber sind, ob und wann eine spürbare Entlastung kommt.

Gleichzeitig steht fest, dass der gesetzliche Mindestlohn bis 2027 auf 14,60 Euro pro Stunde steigen wird. Das betrifft vor allem die pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten, deren Tarifgehälter bislang oft unter diesem Niveau lagen. Der Anpassung ihres Gehalts müssen auch die anderen Berufsgruppen in der Apotheke folgen, damit die Gehaltsstruktur im Team nicht auseinanderfällt. Für mich als Arbeitgeberin bedeutet das massiv steigende Personalkosten.

Die deutschlandweite Standesorganisation der Apotheker, ABDA, hat berechnet, dass die Apotheken bundesweit rund 664 Millionen Euro zusätzlich für Personal aufbringen müssen, wenn die Tarifgehälter relativ zum Mindestlohn steigen. Laut Landesapothekerkammer Baden-Württemberg würden selbst bei einer Erhöhung des Apothekenhonorars auf 9,50 Euro pro Packung etwa zwei Drittel dieser zusätzlichen Einnahmen direkt durch die gestiegenen Lohnkosten aufgezehrt. Von den 1,15 Euro mehr pro Packung blieben uns effektiv nur rund 0,38 Euro. Und das gilt nur, wenn die Erhöhung überhaupt beschlossen wird.

Die wirtschaftliche Lage der Apotheken spitzt sich dadurch weiter zu. Die ausbleibende Honorarerhöhung setzt uns zunehmend unter Druck. Beratung, pharmazeutische Dienstleistungen und Investitionen in eine moderne Versorgung hängen von der wirtschaftlichen Stärke der Apotheken ab. Sind diese finanziell nicht stabil, drohen Personalengpässe und Einschränkungen im Service.

Die Menschen, die täglich in meine Apotheke kommen, spüren die Folgen direkt: längere Wartezeiten, weniger Flexibilität und im schlimmsten Fall die Schließung meiner Apotheke, die bisher selbstverständlich Teil ihres Alltags war.

Als Apothekerin weiß ich, wie wichtig die persönliche Beratung und die schnelle Verfügbarkeit von Arzneimitteln für die Menschen hier in Durlach und überall sind. Doch solange die Politik nur über eine Erhöhung spricht, ohne verbindlich zu handeln, bleibt unsere Zukunft ungewiss.

Wir sind von dieser politischen Entscheidung abhängig. Sonst tragen wir Apotheken die gesamte Tariferhöhung allein – mit allen Konsequenzen für unsere wirtschaftliche Stabilität und die Versorgung der Bevölkerung.